Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.ihm und erzählte, wie der böse Geist diese Person die Nacht ihm und erzählte, wie der böſe Geiſt dieſe Perſon die Nacht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="114"/> ihm und erzählte, wie der böſe Geiſt dieſe Perſon die Nacht<lb/> über ſo grauſam gequält habe, ſo daß viele Leute herbey<lb/> geſprungen, die es geſehen und gehört haben. Worauf<lb/> der Pfarrer wieder zu ihr ging und ſie ganz ruhig antraf,<lb/> auch ſo lang bey ihr aushielt, bis ſie auf einen Karren<lb/> geſetzt und nach Eningen abgeführt wurde, wobey er neben<lb/> dem Karren bis zu ſeinem Haus herging und unter der<lb/> Hausthüre auf dem Weg noch etwas nachſah, da dann<lb/> der Geiſt anfing, ſein mit heller Stimme zu ſpotten, und<lb/> ihn mit verächtlichen Geberden und Namen zu ſchimpfen,<lb/> auch die Weibsperſon auf dem Karren übel zu tractiren,<lb/> welches viele Leute mit angeſehen. Dieß bewegte den Pfarrer,<lb/> dem Karren weiter und bis <hi rendition="#g">Eningen</hi> zu folgen, um mehrere<lb/> Beobachtungen zu machen. Zu Eningen erzählte er dieſe<lb/> Begebenheit dem Herrn von <hi rendition="#g">Breitſchwerdt</hi> und deſſen<lb/> Frau Gemahlin, welche beyde ſich mit ihm zu dieſer Perſon<lb/> begaben, um genauere Kundſchaft einzuholen. Hier wurde<lb/> Paſtor bewegt durch dieſe Perſon, welche ihn erſuchte,<lb/> ſie wieder zurück nach <hi rendition="#g">Gärtringen</hi> führen zu laſſen,<lb/> weil ſie ihm in Gegenwart anderer frey ſagte, ſie glaube<lb/> gewiß, er könne ihr helfen. Da ſie wieder nach <hi rendition="#g">Gärtrin-<lb/> gen</hi> gebracht worden, wüthete der böſe Geiſt grauſam, ſpot-<lb/> tete den Pfarren auf jede Weiſe und drohte ihm gewaltig,<lb/> wenn er ihm Einhalt thun würde. Sagte aber dabey unter<lb/> andern öffentlich zu ihm im Bettelhaus vor vielen Leuten:<lb/> „Ja Pfäffle (ſo pflegte er ihn zu nennen) wenn du einen<lb/> rechten Glauben hätteſt, ſo könnteſt du mich austreiben.“<lb/> Paſtor erwiederte: „Ich habe einen Herrn, der meinen<lb/> ſchwachen Glauben ſtärken kann, und du ſollſt es erfahren<lb/> daß er es thun werde.“ Worauf er ſeine Kreatur (denn<lb/> ſo nannte er ſie, oder ſeinen Schleppſack) erbärmlich anfing<lb/> zu quälen und zu ſagen, wenn das Pfäffle ſeine Kreatur<lb/> bis Sonntag wolle in die Kirche nehmen, ſo laſſe er es nicht<lb/> geſchehen, er wolle ſie krank genug machen, welches er<lb/> Sonntags auch gethan, da er ſie weder eſſen noch trinken<lb/> noch ruhen laſſen. Paſtor ſchöpfte inzwiſchen unter Faſten und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0128]
ihm und erzählte, wie der böſe Geiſt dieſe Perſon die Nacht
über ſo grauſam gequält habe, ſo daß viele Leute herbey
geſprungen, die es geſehen und gehört haben. Worauf
der Pfarrer wieder zu ihr ging und ſie ganz ruhig antraf,
auch ſo lang bey ihr aushielt, bis ſie auf einen Karren
geſetzt und nach Eningen abgeführt wurde, wobey er neben
dem Karren bis zu ſeinem Haus herging und unter der
Hausthüre auf dem Weg noch etwas nachſah, da dann
der Geiſt anfing, ſein mit heller Stimme zu ſpotten, und
ihn mit verächtlichen Geberden und Namen zu ſchimpfen,
auch die Weibsperſon auf dem Karren übel zu tractiren,
welches viele Leute mit angeſehen. Dieß bewegte den Pfarrer,
dem Karren weiter und bis Eningen zu folgen, um mehrere
Beobachtungen zu machen. Zu Eningen erzählte er dieſe
Begebenheit dem Herrn von Breitſchwerdt und deſſen
Frau Gemahlin, welche beyde ſich mit ihm zu dieſer Perſon
begaben, um genauere Kundſchaft einzuholen. Hier wurde
Paſtor bewegt durch dieſe Perſon, welche ihn erſuchte,
ſie wieder zurück nach Gärtringen führen zu laſſen,
weil ſie ihm in Gegenwart anderer frey ſagte, ſie glaube
gewiß, er könne ihr helfen. Da ſie wieder nach Gärtrin-
gen gebracht worden, wüthete der böſe Geiſt grauſam, ſpot-
tete den Pfarren auf jede Weiſe und drohte ihm gewaltig,
wenn er ihm Einhalt thun würde. Sagte aber dabey unter
andern öffentlich zu ihm im Bettelhaus vor vielen Leuten:
„Ja Pfäffle (ſo pflegte er ihn zu nennen) wenn du einen
rechten Glauben hätteſt, ſo könnteſt du mich austreiben.“
Paſtor erwiederte: „Ich habe einen Herrn, der meinen
ſchwachen Glauben ſtärken kann, und du ſollſt es erfahren
daß er es thun werde.“ Worauf er ſeine Kreatur (denn
ſo nannte er ſie, oder ſeinen Schleppſack) erbärmlich anfing
zu quälen und zu ſagen, wenn das Pfäffle ſeine Kreatur
bis Sonntag wolle in die Kirche nehmen, ſo laſſe er es nicht
geſchehen, er wolle ſie krank genug machen, welches er
Sonntags auch gethan, da er ſie weder eſſen noch trinken
noch ruhen laſſen. Paſtor ſchöpfte inzwiſchen unter Faſten und
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