Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.wickeln gesucht. Aber seine Freiheit ist ihm deswegen noch Der Satan ist jetzt noch nicht in den Abgrund gebun- Der Satan ist nun wirklich der Fürst der Welt und der Durch die erste Verführung der Menschen zog sich der wickeln geſucht. Aber ſeine Freiheit iſt ihm deswegen noch Der Satan iſt jetzt noch nicht in den Abgrund gebun- Der Satan iſt nun wirklich der Fürſt der Welt und der Durch die erſte Verführung der Menſchen zog ſich der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0197" n="183"/> wickeln geſucht. Aber ſeine Freiheit iſt ihm deswegen noch<lb/> nicht genommen, weil eben mit der Gerechtigkeit, Güte<lb/> und Liebe Gottes die Freiheit nicht nur beſtehen kann, ſon-<lb/> dern beſtehen muß, bis zu jenem Grad von Verworfenheit,<lb/> wo die Strafe nothwendig den Verluſt der Freiheit nach<lb/> ſich zieht.</p><lb/> <p>Der Satan iſt jetzt noch nicht in den Abgrund gebun-<lb/> den. Wer aber nicht gebunden iſt, hat ein freyes Wirken<lb/> und Thun. Iſt nun die Freyheit überhaupt das höchſte<lb/> Gut, was dem Geiſterreich verliehen iſt, ſo muß auch die<lb/> Wahl zwiſchen gut und böſe ungehindert beſtehen, damit<lb/> Jeder der freye Schöpfer ſeiner Werke werden kann. Dar-<lb/> aus ergibt ſich als unmittelbare Folge die göttliche Zulaſ-<lb/> ſung des Böſen beym Satan wie bey dem Menſchen.</p><lb/> <p>Der Satan iſt nun wirklich der Fürſt der Welt und der<lb/> Finſterniß, aber ſeine Macht gehet hinein in die Ordnun-<lb/> gen, in welche der Menſch geſtellt iſt. Es braucht hier<lb/> keiner Erwähnung, daß die Allmacht Gottes ihn jeden Au-<lb/> genblick zernichten könnte, aber eben dieſes würde nicht mit<lb/> den göttlichen Eigenſchaften verträglich ſeyn, zufolge deren<lb/> jeder Geiſt nur nach ſeinen Werken gerichtet wird. So ge-<lb/> wiß die Gerechtigkeit dem weltlichen Richter nicht zuläßt,<lb/> einen Menſchen eines geringen Verbrechens wegen gleich<lb/> an Freiheit und Leben zu ſtrafen, ſo gewiß iſt das auch<lb/> bey der göttlichen Gerechtigkeit der Fall. Vielmehr ſehen<lb/> wir bey allen den verſchiedenen Gerichten, welche den Sa-<lb/> tan betroffen, zugleich auch das Recht mit der Gnade ge-<lb/> paart, indem jedes Gericht ihm zugleich als eine neue Friſt<lb/> der Buße und Bekehrung dienen konnte. Weſſen Schuld<lb/> iſt es dann, wenn dieſe Friſt nicht benützt wird?</p><lb/> <p>Durch die erſte Verführung der Menſchen zog ſich der<lb/> Satan zwar den göttlichen Fluch zu, aber der Weg zum<lb/> menſchlichen Herzen war ihm nun für immer gebahnt. Aber<lb/> auch die Menſchheit ſoll nur nach ihren Werken gerichtet<lb/> werden, und darum wurde ihr Loos auch ihrer Freiheit an-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0197]
wickeln geſucht. Aber ſeine Freiheit iſt ihm deswegen noch
nicht genommen, weil eben mit der Gerechtigkeit, Güte
und Liebe Gottes die Freiheit nicht nur beſtehen kann, ſon-
dern beſtehen muß, bis zu jenem Grad von Verworfenheit,
wo die Strafe nothwendig den Verluſt der Freiheit nach
ſich zieht.
Der Satan iſt jetzt noch nicht in den Abgrund gebun-
den. Wer aber nicht gebunden iſt, hat ein freyes Wirken
und Thun. Iſt nun die Freyheit überhaupt das höchſte
Gut, was dem Geiſterreich verliehen iſt, ſo muß auch die
Wahl zwiſchen gut und böſe ungehindert beſtehen, damit
Jeder der freye Schöpfer ſeiner Werke werden kann. Dar-
aus ergibt ſich als unmittelbare Folge die göttliche Zulaſ-
ſung des Böſen beym Satan wie bey dem Menſchen.
Der Satan iſt nun wirklich der Fürſt der Welt und der
Finſterniß, aber ſeine Macht gehet hinein in die Ordnun-
gen, in welche der Menſch geſtellt iſt. Es braucht hier
keiner Erwähnung, daß die Allmacht Gottes ihn jeden Au-
genblick zernichten könnte, aber eben dieſes würde nicht mit
den göttlichen Eigenſchaften verträglich ſeyn, zufolge deren
jeder Geiſt nur nach ſeinen Werken gerichtet wird. So ge-
wiß die Gerechtigkeit dem weltlichen Richter nicht zuläßt,
einen Menſchen eines geringen Verbrechens wegen gleich
an Freiheit und Leben zu ſtrafen, ſo gewiß iſt das auch
bey der göttlichen Gerechtigkeit der Fall. Vielmehr ſehen
wir bey allen den verſchiedenen Gerichten, welche den Sa-
tan betroffen, zugleich auch das Recht mit der Gnade ge-
paart, indem jedes Gericht ihm zugleich als eine neue Friſt
der Buße und Bekehrung dienen konnte. Weſſen Schuld
iſt es dann, wenn dieſe Friſt nicht benützt wird?
Durch die erſte Verführung der Menſchen zog ſich der
Satan zwar den göttlichen Fluch zu, aber der Weg zum
menſchlichen Herzen war ihm nun für immer gebahnt. Aber
auch die Menſchheit ſoll nur nach ihren Werken gerichtet
werden, und darum wurde ihr Loos auch ihrer Freiheit an-
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