Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Doch ist's, als flöß, was noch von Segen Des Himmels fühlt dieß arme Land: Mondlicht und Sonnenschein und Regen Herab aus Ihrer milden Hand. Was Menschen thun kann nimmer frommen, Uns retten Gottes Engel nur; Nie wird ein Hungerjahr mehr kommen, -- Sie schwebt ein Schutzgeist ob der Flur. 4. Als Sie noch bey euch gewandelt, Spracht ihr manches schiefe Wort, Ruhig doch hat sie gehandelt, Und gesegnet immerfort. Jezt die Heilige verschwunden, Hebt's euch aus dem Schlaf empor, Und ihr fühlt in tausend Wunden, Was die Welt an ihr verlor. Drum bey solchem Loos auf Erden Zürnt nicht, wann die Muse ruft: Muß man, um geliebt zu werden, Liegen erst in Sarg und Gruft? Doch iſt's, als floͤß, was noch von Segen Des Himmels fuͤhlt dieß arme Land: Mondlicht und Sonnenſchein und Regen Herab aus Ihrer milden Hand. Was Menſchen thun kann nimmer frommen, Uns retten Gottes Engel nur; Nie wird ein Hungerjahr mehr kommen, — Sie ſchwebt ein Schutzgeiſt ob der Flur. 4. Als Sie noch bey euch gewandelt, Spracht ihr manches ſchiefe Wort, Ruhig doch hat ſie gehandelt, Und geſegnet immerfort. Jezt die Heilige verſchwunden, Hebt's euch aus dem Schlaf empor, Und ihr fuͤhlt in tauſend Wunden, Was die Welt an ihr verlor. Drum bey ſolchem Loos auf Erden Zuͤrnt nicht, wann die Muſe ruft: Muß man, um geliebt zu werden, Liegen erſt in Sarg und Gruft? <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg type="poem" n="3"> <l> <pb facs="#f0104" n="92"/> </l> <lg n="4"> <l>Doch iſt's, als floͤß, was noch von Segen</l><lb/> <l>Des Himmels fuͤhlt dieß arme Land:</l><lb/> <l>Mondlicht und Sonnenſchein und Regen</l><lb/> <l>Herab aus <hi rendition="#g">Ihrer</hi> milden Hand.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Was Menſchen thun kann nimmer frommen,</l><lb/> <l>Uns retten Gottes Engel nur;</l><lb/> <l>Nie wird ein Hungerjahr mehr kommen, —</l><lb/> <l>Sie ſchwebt ein Schutzgeiſt ob der Flur.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem" n="4"> <head>4.</head><lb/> <lg n="1"> <l>Als Sie noch bey euch gewandelt,</l><lb/> <l>Spracht ihr manches ſchiefe Wort,</l><lb/> <l>Ruhig doch hat ſie gehandelt,</l><lb/> <l>Und geſegnet immerfort.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Jezt die Heilige verſchwunden,</l><lb/> <l>Hebt's euch aus dem Schlaf empor,</l><lb/> <l>Und ihr fuͤhlt in tauſend Wunden,</l><lb/> <l>Was die Welt an ihr verlor.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Drum bey ſolchem Loos auf Erden</l><lb/> <l>Zuͤrnt nicht, wann die Muſe ruft:</l><lb/> <l>Muß man, um geliebt zu werden,</l><lb/> <l>Liegen erſt in Sarg und Gruft?</l> </lg> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [92/0104]
Doch iſt's, als floͤß, was noch von Segen
Des Himmels fuͤhlt dieß arme Land:
Mondlicht und Sonnenſchein und Regen
Herab aus Ihrer milden Hand.
Was Menſchen thun kann nimmer frommen,
Uns retten Gottes Engel nur;
Nie wird ein Hungerjahr mehr kommen, —
Sie ſchwebt ein Schutzgeiſt ob der Flur.
4.
Als Sie noch bey euch gewandelt,
Spracht ihr manches ſchiefe Wort,
Ruhig doch hat ſie gehandelt,
Und geſegnet immerfort.
Jezt die Heilige verſchwunden,
Hebt's euch aus dem Schlaf empor,
Und ihr fuͤhlt in tauſend Wunden,
Was die Welt an ihr verlor.
Drum bey ſolchem Loos auf Erden
Zuͤrnt nicht, wann die Muſe ruft:
Muß man, um geliebt zu werden,
Liegen erſt in Sarg und Gruft?
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