Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Der Rosenstrauch. Bei Winters Frost in Kluft und Wald Sich Kaiser Carl verloren, Die Diener treu, die liegen bald Rings um den Herrn erfroren. Er niederkniet auf kalten Stein, Legt ab die güldnen Ketten, Legt ab den Purpurmantel sein, Und thät demüthig beten. Ach, weh! ach, weh! der Rosenkranz Der starren Hand entsinket, Doch wie er sinkt, wie Sonnenglanz Er auf der Erde blinket. Ein Rosenstock schnell aus ihm sproßt, Thät über Eichen steigen, Ein süßes Düften sich ergoß Aus seinen Blüthen und Zweigen. Auch rings, so weit sein Duft gereicht,
Die Bäume grünend standen, Die Vögel sich mit Singen leicht Wohl durch die Lüfte schwangen. Der Roſenſtrauch. Bei Winters Froſt in Kluft und Wald Sich Kaiſer Carl verloren, Die Diener treu, die liegen bald Rings um den Herrn erfroren. Er niederkniet auf kalten Stein, Legt ab die guͤldnen Ketten, Legt ab den Purpurmantel ſein, Und thaͤt demuͤthig beten. Ach, weh! ach, weh! der Roſenkranz Der ſtarren Hand entſinket, Doch wie er ſinkt, wie Sonnenglanz Er auf der Erde blinket. Ein Roſenſtock ſchnell aus ihm ſproßt, Thaͤt uͤber Eichen ſteigen, Ein ſuͤßes Duͤften ſich ergoß Aus ſeinen Bluͤthen und Zweigen. Auch rings, ſo weit ſein Duft gereicht,
Die Baͤume gruͤnend ſtanden, Die Voͤgel ſich mit Singen leicht Wohl durch die Luͤfte ſchwangen. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0121" n="109"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Der Roſenſtrauch</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Bei Winters Froſt in Kluft und Wald</l><lb/> <l>Sich Kaiſer Carl verloren,</l><lb/> <l>Die Diener treu, die liegen bald</l><lb/> <l>Rings um den Herrn erfroren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Er niederkniet auf kalten Stein,</l><lb/> <l>Legt ab die guͤldnen Ketten,</l><lb/> <l>Legt ab den Purpurmantel ſein,</l><lb/> <l>Und thaͤt demuͤthig beten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ach, weh! ach, weh! der Roſenkranz</l><lb/> <l>Der ſtarren Hand entſinket,</l><lb/> <l>Doch wie er ſinkt, wie Sonnenglanz</l><lb/> <l>Er auf der Erde blinket.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ein Roſenſtock ſchnell aus ihm ſproßt,</l><lb/> <l>Thaͤt uͤber Eichen ſteigen,</l><lb/> <l>Ein ſuͤßes Duͤften ſich ergoß</l><lb/> <l>Aus ſeinen Bluͤthen und Zweigen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Auch rings, ſo weit ſein Duft gereicht,</l><lb/> <l>Die Baͤume gruͤnend ſtanden,</l><lb/> <l>Die Voͤgel ſich mit Singen leicht</l><lb/> <l>Wohl durch die Luͤfte ſchwangen.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [109/0121]
Der Roſenſtrauch.
Bei Winters Froſt in Kluft und Wald
Sich Kaiſer Carl verloren,
Die Diener treu, die liegen bald
Rings um den Herrn erfroren.
Er niederkniet auf kalten Stein,
Legt ab die guͤldnen Ketten,
Legt ab den Purpurmantel ſein,
Und thaͤt demuͤthig beten.
Ach, weh! ach, weh! der Roſenkranz
Der ſtarren Hand entſinket,
Doch wie er ſinkt, wie Sonnenglanz
Er auf der Erde blinket.
Ein Roſenſtock ſchnell aus ihm ſproßt,
Thaͤt uͤber Eichen ſteigen,
Ein ſuͤßes Duͤften ſich ergoß
Aus ſeinen Bluͤthen und Zweigen.
Auch rings, ſo weit ſein Duft gereicht,
Die Baͤume gruͤnend ſtanden,
Die Voͤgel ſich mit Singen leicht
Wohl durch die Luͤfte ſchwangen.
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