Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.2. Du theurer Bruder! der durch's steilste Leben Kraftvoll, ein Wandrer ohne Stab, gegangen! O könnt' auch ich die Herberg bald erlangen, Die dir der Tod, der letzte Wirth, gegeben! Nach hellem Trunk von heimatlichen Reben Trugst du im fernen Norden heiß Verlangen; In dieser Herberg hast du ihn empfangen, Liebend der Heimat Geister Dich umschweben. Und nach dem Weg voll Unruh' und Beschwerde Wie ruhen süß nun deine müden Glieder! Wie ist dir's wohl im heimatlichen Bette! Noch tobet wüster Streit hier auf der Erde, Still blickt der Mond auf deinen Hügel nieder, Und Rosen sprossen friedsam an der Stätte. 2. Du theurer Bruder! der durch's ſteilſte Leben Kraftvoll, ein Wandrer ohne Stab, gegangen! O koͤnnt' auch ich die Herberg bald erlangen, Die dir der Tod, der letzte Wirth, gegeben! Nach hellem Trunk von heimatlichen Reben Trugſt du im fernen Norden heiß Verlangen; In dieſer Herberg haſt du ihn empfangen, Liebend der Heimat Geiſter Dich umſchweben. Und nach dem Weg voll Unruh' und Beſchwerde Wie ruhen ſuͤß nun deine muͤden Glieder! Wie iſt dir's wohl im heimatlichen Bette! Noch tobet wuͤſter Streit hier auf der Erde, Still blickt der Mond auf deinen Huͤgel nieder, Und Roſen ſproſſen friedſam an der Staͤtte. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <pb facs="#f0124" n="112"/> <lg type="poem" n="2"> <head>2.</head><lb/> <lg n="1"> <l>Du theurer Bruder! der durch's ſteilſte Leben</l><lb/> <l>Kraftvoll, ein Wandrer ohne Stab, gegangen!</l><lb/> <l>O koͤnnt' auch ich die Herberg bald erlangen,</l><lb/> <l>Die dir der Tod, der letzte Wirth, gegeben!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nach hellem Trunk von heimatlichen Reben</l><lb/> <l>Trugſt du im fernen Norden heiß Verlangen;</l><lb/> <l>In dieſer Herberg haſt du ihn empfangen,</l><lb/> <l>Liebend der Heimat Geiſter Dich umſchweben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und nach dem Weg voll Unruh' und Beſchwerde</l><lb/> <l>Wie ruhen ſuͤß nun deine muͤden Glieder!</l><lb/> <l>Wie iſt dir's wohl im heimatlichen Bette!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Noch tobet wuͤſter Streit hier auf der Erde,</l><lb/> <l>Still blickt der Mond auf deinen Huͤgel nieder,</l><lb/> <l>Und Roſen ſproſſen friedſam an der Staͤtte.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </lg> </body> </text> </TEI> [112/0124]
2.
Du theurer Bruder! der durch's ſteilſte Leben
Kraftvoll, ein Wandrer ohne Stab, gegangen!
O koͤnnt' auch ich die Herberg bald erlangen,
Die dir der Tod, der letzte Wirth, gegeben!
Nach hellem Trunk von heimatlichen Reben
Trugſt du im fernen Norden heiß Verlangen;
In dieſer Herberg haſt du ihn empfangen,
Liebend der Heimat Geiſter Dich umſchweben.
Und nach dem Weg voll Unruh' und Beſchwerde
Wie ruhen ſuͤß nun deine muͤden Glieder!
Wie iſt dir's wohl im heimatlichen Bette!
Noch tobet wuͤſter Streit hier auf der Erde,
Still blickt der Mond auf deinen Huͤgel nieder,
Und Roſen ſproſſen friedſam an der Staͤtte.
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