Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Herr von der Haide. Sagt an, Herr von der Haide, sagt! Was soll dieß weiße Kleid? "Wohl auf der Höh', weh! auf steiler Höh', "Steht mir ein Rad bereit!" Sagt an, Herr von der Haide, sagt! Wo ist denn euer Weib? "Wohl auf der See, weh! auf weiter See, "Schifft sie zum Zeitvertreib." Man führt' ihn unter Sang und Klang Zu Bremen zum Thor' hinaus, Zwey Raben fliegen hinterher, Zwey andre fliegen voraus. "Hört an! o hört an, ihr Vögel schwarz, "Da in der blauen Höh'! "Seyd ihr von meinem Fleische satt, "Erzählt's der Frau zur See!" Leis streicht das Schiff durch die grüne See,
Der Mond durch den Himmel blau, Stolz blickt vom Verdeck mit ihrem Galan Herrn von der Haidens Frau. Herr von der Haide. Sagt an, Herr von der Haide, ſagt! Was ſoll dieß weiße Kleid? „Wohl auf der Hoͤh', weh! auf ſteiler Hoͤh', „Steht mir ein Rad bereit!“ Sagt an, Herr von der Haide, ſagt! Wo iſt denn euer Weib? „Wohl auf der See, weh! auf weiter See, „Schifft ſie zum Zeitvertreib.“ Man fuͤhrt' ihn unter Sang und Klang Zu Bremen zum Thor' hinaus, Zwey Raben fliegen hinterher, Zwey andre fliegen voraus. „Hoͤrt an! o hoͤrt an, ihr Voͤgel ſchwarz, „Da in der blauen Hoͤh'! „Seyd ihr von meinem Fleiſche ſatt, „Erzaͤhlt's der Frau zur See!“ Leis ſtreicht das Schiff durch die gruͤne See,
Der Mond durch den Himmel blau, Stolz blickt vom Verdeck mit ihrem Galan Herrn von der Haidens Frau. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0130" n="118"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Herr von der Haide</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Sagt an, Herr von der Haide, ſagt!</l><lb/> <l>Was ſoll dieß weiße Kleid?</l><lb/> <l>„Wohl auf der Hoͤh', weh! auf ſteiler Hoͤh',</l><lb/> <l>„Steht mir ein Rad bereit!“</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sagt an, Herr von der Haide, ſagt!</l><lb/> <l>Wo iſt denn euer Weib?</l><lb/> <l>„Wohl auf der See, weh! auf weiter See,</l><lb/> <l>„Schifft ſie zum Zeitvertreib.“</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Man fuͤhrt' ihn unter Sang und Klang</l><lb/> <l>Zu Bremen zum Thor' hinaus,</l><lb/> <l>Zwey Raben fliegen hinterher,</l><lb/> <l>Zwey andre fliegen voraus.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>„Hoͤrt an! o hoͤrt an, ihr Voͤgel ſchwarz,</l><lb/> <l>„Da in der blauen Hoͤh'!</l><lb/> <l>„Seyd ihr von meinem Fleiſche ſatt,</l><lb/> <l>„Erzaͤhlt's der Frau zur See!“</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Leis ſtreicht das Schiff durch die gruͤne See,</l><lb/> <l>Der Mond durch den Himmel blau,</l><lb/> <l>Stolz blickt vom Verdeck mit ihrem Galan</l><lb/> <l>Herrn von der Haidens Frau.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [118/0130]
Herr von der Haide.
Sagt an, Herr von der Haide, ſagt!
Was ſoll dieß weiße Kleid?
„Wohl auf der Hoͤh', weh! auf ſteiler Hoͤh',
„Steht mir ein Rad bereit!“
Sagt an, Herr von der Haide, ſagt!
Wo iſt denn euer Weib?
„Wohl auf der See, weh! auf weiter See,
„Schifft ſie zum Zeitvertreib.“
Man fuͤhrt' ihn unter Sang und Klang
Zu Bremen zum Thor' hinaus,
Zwey Raben fliegen hinterher,
Zwey andre fliegen voraus.
„Hoͤrt an! o hoͤrt an, ihr Voͤgel ſchwarz,
„Da in der blauen Hoͤh'!
„Seyd ihr von meinem Fleiſche ſatt,
„Erzaͤhlt's der Frau zur See!“
Leis ſtreicht das Schiff durch die gruͤne See,
Der Mond durch den Himmel blau,
Stolz blickt vom Verdeck mit ihrem Galan
Herrn von der Haidens Frau.
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