Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.O Traum! -- du junges Leben! Von Bildern hell umgeben, Die deine Kunst erfand. Liegst du im stillen Zimmer Erbleicht im Sarge, -- nimmer Rührt sich die theure Hand! Wie könnt' ich so mich trügen! Bilder und Griffel liegen Verlassen ja herum! Wie seyd ihr bleich, ihr Wangen! Ihr Lichter! wie vergangen! Du Mund! wie kalt und stumm! Im Tod ist dir erklungen Das Lied der Nibelungen, Schwertschlag der Hermannsschlacht. Drauf hat dir wonnetrunken Der sel'ge Freund gewunken *) Und sieh! -- es war vollbracht. Die du hier oft in Bildern
Versuchtest treu zu schildern Hellen'scher Männer Chor, Helden aus Herrmannsstreiten, Jungfrau'n aus deutschen Zeiten, Die tragen dich empor. *) August Mayer, Tonkünstler und Dichter. Auch ihn verloren
die Freunde früh aus ihrem Kreise. O Traum! — du junges Leben! Von Bildern hell umgeben, Die deine Kunſt erfand. Liegſt du im ſtillen Zimmer Erbleicht im Sarge, — nimmer Ruͤhrt ſich die theure Hand! Wie koͤnnt' ich ſo mich truͤgen! Bilder und Griffel liegen Verlaſſen ja herum! Wie ſeyd ihr bleich, ihr Wangen! Ihr Lichter! wie vergangen! Du Mund! wie kalt und ſtumm! Im Tod iſt dir erklungen Das Lied der Nibelungen, Schwertſchlag der Hermannsſchlacht. Drauf hat dir wonnetrunken Der ſel'ge Freund gewunken *) Und ſieh! — es war vollbracht. Die du hier oft in Bildern
Verſuchteſt treu zu ſchildern Hellen'ſcher Maͤnner Chor, Helden aus Herrmannsſtreiten, Jungfrau'n aus deutſchen Zeiten, Die tragen dich empor. *) Auguſt Mayer, Tonkünſtler und Dichter. Auch ihn verloren
die Freunde früh aus ihrem Kreiſe. <TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0145" n="133"/> </l> <lg n="4"> <l>O Traum! — du junges Leben!</l><lb/> <l>Von Bildern hell umgeben,</l><lb/> <l>Die deine Kunſt erfand.</l><lb/> <l>Liegſt du im ſtillen Zimmer</l><lb/> <l>Erbleicht im Sarge, — nimmer</l><lb/> <l>Ruͤhrt ſich die theure Hand!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wie koͤnnt' ich ſo mich truͤgen!</l><lb/> <l>Bilder und Griffel liegen</l><lb/> <l>Verlaſſen ja herum!</l><lb/> <l>Wie ſeyd ihr bleich, ihr Wangen!</l><lb/> <l>Ihr Lichter! wie vergangen!</l><lb/> <l>Du Mund! wie kalt und ſtumm!</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Im Tod iſt dir erklungen</l><lb/> <l>Das Lied der Nibelungen,</l><lb/> <l>Schwertſchlag der Hermannsſchlacht.</l><lb/> <l>Drauf hat dir wonnetrunken</l><lb/> <l>Der ſel'ge Freund gewunken <note place="foot" n="*)">Auguſt Mayer, Tonkünſtler und Dichter. Auch ihn verloren<lb/> die Freunde früh aus ihrem Kreiſe.</note></l><lb/> <l>Und ſieh! — es war vollbracht.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Die du hier oft in Bildern</l><lb/> <l>Verſuchteſt treu zu ſchildern</l><lb/> <l>Hellen'ſcher Maͤnner Chor,</l><lb/> <l>Helden aus Herrmannsſtreiten,</l><lb/> <l>Jungfrau'n aus deutſchen Zeiten,</l><lb/> <l>Die tragen dich empor.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [133/0145]
O Traum! — du junges Leben!
Von Bildern hell umgeben,
Die deine Kunſt erfand.
Liegſt du im ſtillen Zimmer
Erbleicht im Sarge, — nimmer
Ruͤhrt ſich die theure Hand!
Wie koͤnnt' ich ſo mich truͤgen!
Bilder und Griffel liegen
Verlaſſen ja herum!
Wie ſeyd ihr bleich, ihr Wangen!
Ihr Lichter! wie vergangen!
Du Mund! wie kalt und ſtumm!
Im Tod iſt dir erklungen
Das Lied der Nibelungen,
Schwertſchlag der Hermannsſchlacht.
Drauf hat dir wonnetrunken
Der ſel'ge Freund gewunken *)
Und ſieh! — es war vollbracht.
Die du hier oft in Bildern
Verſuchteſt treu zu ſchildern
Hellen'ſcher Maͤnner Chor,
Helden aus Herrmannsſtreiten,
Jungfrau'n aus deutſchen Zeiten,
Die tragen dich empor.
*) Auguſt Mayer, Tonkünſtler und Dichter. Auch ihn verloren
die Freunde früh aus ihrem Kreiſe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |