Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Sehnsucht. O könnt' ich einmal los Von all' dem Menschentreiben, Natur! in deinem Schooß Ein herzlich Kind verbleiben! Mich rief ein Traum so schwer Aus deinen Mutterarmen, Seitdem kann nimmermehr Das kranke Herz erwarmen. Der Menschen Treiben, ach! Das hält mich nun gefangen, Das folgt mir störend nach Wo Erd' und Himmel prangen. Doch ist dies Treiben mir So fremd und so unherzlich, Und, Mutter, ach nach dir Zieht mich ein Heimweh schmerzlich! O nimm dein reuig Kind
In deine Mutterarme, Daß dir's am Busen lind Zu neuer Lieb erwarme! Sehnſucht. O koͤnnt' ich einmal los Von all' dem Menſchentreiben, Natur! in deinem Schooß Ein herzlich Kind verbleiben! Mich rief ein Traum ſo ſchwer Aus deinen Mutterarmen, Seitdem kann nimmermehr Das kranke Herz erwarmen. Der Menſchen Treiben, ach! Das haͤlt mich nun gefangen, Das folgt mir ſtoͤrend nach Wo Erd' und Himmel prangen. Doch iſt dies Treiben mir So fremd und ſo unherzlich, Und, Mutter, ach nach dir Zieht mich ein Heimweh ſchmerzlich! O nimm dein reuig Kind
In deine Mutterarme, Daß dir's am Buſen lind Zu neuer Lieb erwarme! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0176" n="164"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Sehnſucht</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>O koͤnnt' ich einmal los</l><lb/> <l>Von all' dem Menſchentreiben,</l><lb/> <l>Natur! in deinem Schooß</l><lb/> <l>Ein herzlich Kind verbleiben!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Mich rief ein Traum ſo ſchwer</l><lb/> <l>Aus deinen Mutterarmen,</l><lb/> <l>Seitdem kann nimmermehr</l><lb/> <l>Das kranke Herz erwarmen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Der Menſchen Treiben, ach!</l><lb/> <l>Das haͤlt mich nun gefangen,</l><lb/> <l>Das folgt mir ſtoͤrend nach</l><lb/> <l>Wo Erd' und Himmel prangen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Doch iſt dies Treiben mir</l><lb/> <l>So fremd und ſo unherzlich,</l><lb/> <l>Und, Mutter, ach nach dir</l><lb/> <l>Zieht mich ein Heimweh ſchmerzlich!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>O nimm dein reuig Kind</l><lb/> <l>In deine Mutterarme,</l><lb/> <l>Daß dir's am Buſen lind</l><lb/> <l>Zu neuer Lieb erwarme!</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </body> </text> </TEI> [164/0176]
Sehnſucht.
O koͤnnt' ich einmal los
Von all' dem Menſchentreiben,
Natur! in deinem Schooß
Ein herzlich Kind verbleiben!
Mich rief ein Traum ſo ſchwer
Aus deinen Mutterarmen,
Seitdem kann nimmermehr
Das kranke Herz erwarmen.
Der Menſchen Treiben, ach!
Das haͤlt mich nun gefangen,
Das folgt mir ſtoͤrend nach
Wo Erd' und Himmel prangen.
Doch iſt dies Treiben mir
So fremd und ſo unherzlich,
Und, Mutter, ach nach dir
Zieht mich ein Heimweh ſchmerzlich!
O nimm dein reuig Kind
In deine Mutterarme,
Daß dir's am Buſen lind
Zu neuer Lieb erwarme!
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