Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Zwey Särge. Zwey Särge einsam stehen In des alten Domes Hut, König Ottmar liegt in dem einen, In dem andern der Sänger ruht. Der König saß einst mächtig Hoch auf der Väter Thron, Ihm liegt das Schwerdt in der Rechten Und auf dem Haupte die Kron'. Doch neben dem stolzen König Da liegt der Sänger traut, Man noch in seinen Händen Die fromme Harfe schaut. Die Burgen rings zerfallen, Schlachtruf tönt durch das Land, Das Schwerdt das regt sich nimmer Da in des Königs Hand. Blüthen und milde Lüfte Wehen das Thal entlang -- Des Sängers Harfe tönet In ewigem Gesang. Zwey Saͤrge. Zwey Saͤrge einſam ſtehen In des alten Domes Hut, Koͤnig Ottmar liegt in dem einen, In dem andern der Saͤnger ruht. Der Koͤnig ſaß einſt maͤchtig Hoch auf der Vaͤter Thron, Ihm liegt das Schwerdt in der Rechten Und auf dem Haupte die Kron'. Doch neben dem ſtolzen Koͤnig Da liegt der Saͤnger traut, Man noch in ſeinen Haͤnden Die fromme Harfe ſchaut. Die Burgen rings zerfallen, Schlachtruf toͤnt durch das Land, Das Schwerdt das regt ſich nimmer Da in des Koͤnigs Hand. Bluͤthen und milde Luͤfte Wehen das Thal entlang — Des Saͤngers Harfe toͤnet In ewigem Geſang. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0195" n="183"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Zwey Saͤrge</hi>.</head><lb/> <l> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </l> <lg n="1"> <l>Zwey Saͤrge einſam ſtehen</l><lb/> <l>In des alten Domes Hut,</l><lb/> <l>Koͤnig Ottmar liegt in dem einen,</l><lb/> <l>In dem andern der Saͤnger ruht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der Koͤnig ſaß einſt maͤchtig</l><lb/> <l>Hoch auf der Vaͤter Thron,</l><lb/> <l>Ihm liegt das Schwerdt in der Rechten</l><lb/> <l>Und auf dem Haupte die Kron'.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch neben dem ſtolzen Koͤnig</l><lb/> <l>Da liegt der Saͤnger traut,</l><lb/> <l>Man noch in ſeinen Haͤnden</l><lb/> <l>Die fromme Harfe ſchaut.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Burgen rings zerfallen,</l><lb/> <l>Schlachtruf toͤnt durch das Land,</l><lb/> <l>Das Schwerdt das regt ſich nimmer</l><lb/> <l>Da in des Koͤnigs Hand.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Bluͤthen und milde Luͤfte</l><lb/> <l>Wehen das Thal entlang —</l><lb/> <l>Des Saͤngers Harfe toͤnet</l><lb/> <l>In ewigem Geſang.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [183/0195]
Zwey Saͤrge.
Zwey Saͤrge einſam ſtehen
In des alten Domes Hut,
Koͤnig Ottmar liegt in dem einen,
In dem andern der Saͤnger ruht.
Der Koͤnig ſaß einſt maͤchtig
Hoch auf der Vaͤter Thron,
Ihm liegt das Schwerdt in der Rechten
Und auf dem Haupte die Kron'.
Doch neben dem ſtolzen Koͤnig
Da liegt der Saͤnger traut,
Man noch in ſeinen Haͤnden
Die fromme Harfe ſchaut.
Die Burgen rings zerfallen,
Schlachtruf toͤnt durch das Land,
Das Schwerdt das regt ſich nimmer
Da in des Koͤnigs Hand.
Bluͤthen und milde Luͤfte
Wehen das Thal entlang —
Des Saͤngers Harfe toͤnet
In ewigem Geſang.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/195 |
Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/195>, abgerufen am 16.07.2024. |