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von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909].

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ergriff Mareile. So war's gut; hier wollte sie ruhen, bis das Erlebnis kam, das ihrer würdig wäre.

Über dem Schlosse stand der Mond. Aus den Fenstern drangen Stimmen und Klaviertöne, der hübsche Lärm jenes Lebens, das Mareile einst so schmerzhaft geliebt hatte.

Die Fenster des Inspektorhauses waren dunkel. Leise öffnete Mareile die Stubentür. Das Wohnzimmer war leer. Aus dem Schlafzimmer der Kinder aber klang Frau Ziepens Stimme. Sie sang ein Wiegenlied, müde und eintönig. Behutsam ging Mareile vor. Da saß die Mutter zwischen den Betten der Zwillinge. Etwas Mondlicht fiel in die matten Augen und auf die spitzen Züge des Gesichtes. Ihr zu Füßen kauerte die fünfzehnjährige Lene im Hemde. Den Kopf auf die Knie der Mutter gestützt, schlief sie.

"Hündchen hat den Mann gebissen,
Hat des Bettlers Rock zerrissen -"

nahm die geduldige, freudlose Stimme wieder auf. Mareile näherte sich leise und sank dann neben ihrer Mutter nieder. "Mareiling," sagte Frau Ziepe tonlos; sie lehnte ihr heißes, eingefallenes Gesicht an Mareiles kühle Wange und weinte.

Auch Lene erwachte. Sie verstand nicht, was vorging, warum es wie Seide rauschte, warum es süß nach Orchideen duftete, warum Goldsachen im Mondlichte flimmerten, bis auch sie die Arme ausbreitete und mit dem Seufzer schlaftrunkener Kinder: "Mareiling," flüsterte.

Die Baronin streichelte sanft Mareilens schönes Gesicht und sagte freundlich: "Ja, Kind, bleib bei uns. Du gehörst zu uns." Von dem großen Eheevangelium war hier nicht

ergriff Mareile. So war’s gut; hier wollte sie ruhen, bis das Erlebnis kam, das ihrer würdig wäre.

Über dem Schlosse stand der Mond. Aus den Fenstern drangen Stimmen und Klaviertöne, der hübsche Lärm jenes Lebens, das Mareile einst so schmerzhaft geliebt hatte.

Die Fenster des Inspektorhauses waren dunkel. Leise öffnete Mareile die Stubentür. Das Wohnzimmer war leer. Aus dem Schlafzimmer der Kinder aber klang Frau Ziepens Stimme. Sie sang ein Wiegenlied, müde und eintönig. Behutsam ging Mareile vor. Da saß die Mutter zwischen den Betten der Zwillinge. Etwas Mondlicht fiel in die matten Augen und auf die spitzen Züge des Gesichtes. Ihr zu Füßen kauerte die fünfzehnjährige Lene im Hemde. Den Kopf auf die Knie der Mutter gestützt, schlief sie.

„Hündchen hat den Mann gebissen,
Hat des Bettlers Rock zerrissen –“

nahm die geduldige, freudlose Stimme wieder auf. Mareile näherte sich leise und sank dann neben ihrer Mutter nieder. „Mareiling,“ sagte Frau Ziepe tonlos; sie lehnte ihr heißes, eingefallenes Gesicht an Mareiles kühle Wange und weinte.

Auch Lene erwachte. Sie verstand nicht, was vorging, warum es wie Seide rauschte, warum es süß nach Orchideen duftete, warum Goldsachen im Mondlichte flimmerten, bis auch sie die Arme ausbreitete und mit dem Seufzer schlaftrunkener Kinder: „Mareiling,“ flüsterte.

Die Baronin streichelte sanft Mareilens schönes Gesicht und sagte freundlich: „Ja, Kind, bleib bei uns. Du gehörst zu uns.“ Von dem großen Eheevangelium war hier nicht

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[74/0076] ergriff Mareile. So war’s gut; hier wollte sie ruhen, bis das Erlebnis kam, das ihrer würdig wäre. Über dem Schlosse stand der Mond. Aus den Fenstern drangen Stimmen und Klaviertöne, der hübsche Lärm jenes Lebens, das Mareile einst so schmerzhaft geliebt hatte. Die Fenster des Inspektorhauses waren dunkel. Leise öffnete Mareile die Stubentür. Das Wohnzimmer war leer. Aus dem Schlafzimmer der Kinder aber klang Frau Ziepens Stimme. Sie sang ein Wiegenlied, müde und eintönig. Behutsam ging Mareile vor. Da saß die Mutter zwischen den Betten der Zwillinge. Etwas Mondlicht fiel in die matten Augen und auf die spitzen Züge des Gesichtes. Ihr zu Füßen kauerte die fünfzehnjährige Lene im Hemde. Den Kopf auf die Knie der Mutter gestützt, schlief sie. „Hündchen hat den Mann gebissen, Hat des Bettlers Rock zerrissen –“ nahm die geduldige, freudlose Stimme wieder auf. Mareile näherte sich leise und sank dann neben ihrer Mutter nieder. „Mareiling,“ sagte Frau Ziepe tonlos; sie lehnte ihr heißes, eingefallenes Gesicht an Mareiles kühle Wange und weinte. Auch Lene erwachte. Sie verstand nicht, was vorging, warum es wie Seide rauschte, warum es süß nach Orchideen duftete, warum Goldsachen im Mondlichte flimmerten, bis auch sie die Arme ausbreitete und mit dem Seufzer schlaftrunkener Kinder: „Mareiling,“ flüsterte. Die Baronin streichelte sanft Mareilens schönes Gesicht und sagte freundlich: „Ja, Kind, bleib bei uns. Du gehörst zu uns.“ Von dem großen Eheevangelium war hier nicht

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Zitationshilfe: von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909], S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/76>, abgerufen am 25.11.2024.