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Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912.

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gemeinsam hat, berührt seine Unabhängigkeit in keiner Weise. Vor
allem gilt dies für ethische und sittliche Forderungen, für Forderungen
reiner Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Eine solche ist aber die Forderung
des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts, und als
solche hat unser Verband sie zu seinem Grundprinzip gemacht. Teilen
politische Parteien diesen Standpunkt, so dient ihnen das zur Ehre,
aber niemals wird dadurch diese Forderung menschlicher Gerechtigkeit
eingeengt zur parteipolitischen Forderung
.

Wenn wir dies, unser Grundprinzip, nun so fassen, dann frage
ich Sie: warum können konservative und nationalliberale Frauen sich
nicht mit uns einen auf dem Boden einer menschlich gerechten Sache?
Wenn ihnen wirklich die Rechte des ganzen Frauengeschlechts höher
stehen als das eigene Klasseninteresse, dann müßten sie's können, meine
ich. Katholische Frauen haben es gekonnt: Frau Regine Deutsch be-
richtete auf unsrer Hamburger Generalversammlung, daß sie in Aachen
klar und deutlich über den § 3 gesprochen habe, und die katholischen
Frauen in ihm kein Hindernis gesehen hätten, sich dem Verband anzu-
schließen.

Auch das Zeugnis eines Mannes möchte ich noch anführen, den
gewiß keiner liberaler oder gar sozialistischer Parteipolitik verdächtig
zeihen wird:

"Das allgemeine Wahlrecht ist uns gewissermaßen
überkommen als Erbe der deutschen Einheitsbestrebungen
.
Wir haben es in der Reichsverfassung gehabt, wir haben es im
Jahre 1863 den damaligen Bestrebungen Oesterreichs in Frankfurt
entgegengesetzt, und ich kann nur sagen: ich kenne kein besseres
Wahlgesetz."

Diese Worte sprach - Bismarck, als er im Norddeutschen
Bund das allgemeine gleiche Wahlrecht einführte, und noch in seinen
Lebenserinnerungen sagt er:

"Außerdem halte ich auch heute noch das allgemeine Wahlrecht
nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch für ein berechtigtes
Prinzip."

gemeinsam hat, berührt seine Unabhängigkeit in keiner Weise. Vor
allem gilt dies für ethische und sittliche Forderungen, für Forderungen
reiner Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Eine solche ist aber die Forderung
des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts, und als
solche hat unser Verband sie zu seinem Grundprinzip gemacht. Teilen
politische Parteien diesen Standpunkt, so dient ihnen das zur Ehre,
aber niemals wird dadurch diese Forderung menschlicher Gerechtigkeit
eingeengt zur parteipolitischen Forderung
.

Wenn wir dies, unser Grundprinzip, nun so fassen, dann frage
ich Sie: warum können konservative und nationalliberale Frauen sich
nicht mit uns einen auf dem Boden einer menschlich gerechten Sache?
Wenn ihnen wirklich die Rechte des ganzen Frauengeschlechts höher
stehen als das eigene Klasseninteresse, dann müßten sie's können, meine
ich. Katholische Frauen haben es gekonnt: Frau Regine Deutsch be-
richtete auf unsrer Hamburger Generalversammlung, daß sie in Aachen
klar und deutlich über den § 3 gesprochen habe, und die katholischen
Frauen in ihm kein Hindernis gesehen hätten, sich dem Verband anzu-
schließen.

Auch das Zeugnis eines Mannes möchte ich noch anführen, den
gewiß keiner liberaler oder gar sozialistischer Parteipolitik verdächtig
zeihen wird:

Das allgemeine Wahlrecht ist uns gewissermaßen
überkommen als Erbe der deutschen Einheitsbestrebungen
.
Wir haben es in der Reichsverfassung gehabt, wir haben es im
Jahre 1863 den damaligen Bestrebungen Oesterreichs in Frankfurt
entgegengesetzt, und ich kann nur sagen: ich kenne kein besseres
Wahlgesetz.“

Diese Worte sprach – Bismarck, als er im Norddeutschen
Bund das allgemeine gleiche Wahlrecht einführte, und noch in seinen
Lebenserinnerungen sagt er:

„Außerdem halte ich auch heute noch das allgemeine Wahlrecht
nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch für ein berechtigtes
Prinzip.“

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[16/0016] gemeinsam hat, berührt seine Unabhängigkeit in keiner Weise. Vor allem gilt dies für ethische und sittliche Forderungen, für Forderungen reiner Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Eine solche ist aber die Forderung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts, und als solche hat unser Verband sie zu seinem Grundprinzip gemacht. Teilen politische Parteien diesen Standpunkt, so dient ihnen das zur Ehre, aber niemals wird dadurch diese Forderung menschlicher Gerechtigkeit eingeengt zur parteipolitischen Forderung. Wenn wir dies, unser Grundprinzip, nun so fassen, dann frage ich Sie: warum können konservative und nationalliberale Frauen sich nicht mit uns einen auf dem Boden einer menschlich gerechten Sache? Wenn ihnen wirklich die Rechte des ganzen Frauengeschlechts höher stehen als das eigene Klasseninteresse, dann müßten sie's können, meine ich. Katholische Frauen haben es gekonnt: Frau Regine Deutsch be- richtete auf unsrer Hamburger Generalversammlung, daß sie in Aachen klar und deutlich über den § 3 gesprochen habe, und die katholischen Frauen in ihm kein Hindernis gesehen hätten, sich dem Verband anzu- schließen. Auch das Zeugnis eines Mannes möchte ich noch anführen, den gewiß keiner liberaler oder gar sozialistischer Parteipolitik verdächtig zeihen wird: „Das allgemeine Wahlrecht ist uns gewissermaßen überkommen als Erbe der deutschen Einheitsbestrebungen. Wir haben es in der Reichsverfassung gehabt, wir haben es im Jahre 1863 den damaligen Bestrebungen Oesterreichs in Frankfurt entgegengesetzt, und ich kann nur sagen: ich kenne kein besseres Wahlgesetz.“ Diese Worte sprach – Bismarck, als er im Norddeutschen Bund das allgemeine gleiche Wahlrecht einführte, und noch in seinen Lebenserinnerungen sagt er: „Außerdem halte ich auch heute noch das allgemeine Wahlrecht nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch für ein berechtigtes Prinzip.“

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2014-07-16T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_frauenstimmrecht_1912/16>, abgerufen am 21.11.2024.