Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.Lobrede Noch dennoch bauen wir jetzo ein neues Babel von Welschen Stei- Die Nachwelt wird uns anspeien/ daß wir in der edlen Verskunst Der Türke suchet seines Käiserthumbs Majestät darinnen/ daß Weil
Lobrede Noch dennoch bauẽ wir jetzo ein neues Babel von Welſchen Stei- Die Nachwelt wird uns anſpeien/ daß wir in der edlen Verſkunſt Der Tuͤrke ſuchet ſeines Kaͤiſerthumbs Majeſtaͤt darinnen/ daß Weil
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Lobrede
Noch dennoch bauẽ wir jetzo ein neues Babel von Welſchen Stei-
nen und Frantzoͤſiſchem Holtzwerk auf den teutſchen Bodem/ daß zu
befuͤrchten/ ob kuͤnftig jemand in Teutſchland leben moͤchte/ der uns
das Teutſche verteutſchete. Ja es iſt dieſe Gewonheit leider albereit
ſo weit eingeriſſen/ daß ſie fuͤr ein gutes Geſetz gehalten wird/ und die
Teutſche Freyheit mit der Lateiniſchen Libertaͤt benamet wird. Wie
H. Luth. ſchon zu ſeiner Zeit daruͤber in Tiſchreden hin und wider ge-
klaget.
Die Nachwelt wird uns anſpeien/ daß wir in der edlen Verſkunſt
ſo laͤſſig geweſen: Dann/ die Warheit zu bekennen/ iſt hierinnen das
wenigſte geſchehen/ in Erachtung deſſen/ was noch zu thun iſt/ und ge-
wißlich beſchehen wird. Vnſere Sprache iſt zwar in etwas geſtiegen/
aber noch nicht zu ihrer Vollkommenheit gelanget/ geſtalt hierzu von-
noͤhten aller Fuͤrſten/ Herren und Oberen gnaͤdige Handbietung/ al-
ler Gelehrten/ Verſtaͤndigen und Welterfahrnen vertreulich Samt-
huͤlffe/ aller Teutſchliebenden/ Lehrbegierigen und Kunſtergebenen be-
harrliche Sorgfalt und muͤhſames Nachgruͤnden. Durch ſolche Hel-
den/ Pfleg- und Schutzherren moͤchte dermaleins die Teutſche Spra-
che ihre Siegsbogen uͤber alle andere erhoͤhen und erheben.
Der Tuͤrke ſuchet ſeines Kaͤiſerthumbs Majeſtaͤt darinnen/ daß
er keinen Botſchaffter anderſt als in Tuͤrkiſcher Sprache anhoͤret und
beantwortet: Vnd wir/ wir/ die wir Teutſchen ſeyn und hetſſen ſchla-
gen das in Wind/ was von Gott und Rechts wegen billich/ unſere
Vater- und Mutterſprache zu erheben. Ey/ ſo ermannet euch doch
jetzo ihr Tugendeiferige Teutſchen/ mißgoͤnnet euren Nachkommen
nicht/ was Gott durch eure Vorfahren auf euch gebracht. Es thu ein
jeder ein Stuͤk ſeines Fleiſſes darzu/ daß dieſe unſere Sprache bey un-
ſerer Dapferkeit/ worinn wir alle Welt uͤbertreffen/ die ruͤhmliche O-
berſtelle erhalten moͤge. Allermaſſen/ weil ſie iſt die Sprache/ die da
ſchreibet in den Cantzeleyen/ unter den Rahtsherren/ die da ſchwebet un-
ter dem Himmel uͤber die Buͤrger/ die da redet unter dem Gottesdienſt
bey den Prieſtern.
Weil
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