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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.

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reichen Gedanken,
der entweder eine Weisheitslehre, pkl_104.002
oder eine beachtungswerthe Bemerkung, pkl_104.003
Erfahrung
enthält, möglichst kurz und in einer pkl_104.004
Form ausspricht,
die dem Gedächtniß leicht pkl_104.005
zugänglich ist.
Vom Epigramm (siehe §. 156!) pkl_104.006
unterscheidet es sich dadurch, daß es sich immer absolut pkl_104.007
hält, d. h. sich weder an ein äußeres Objekt pkl_104.008
knüpft, noch auf eine besondere Situation des Lebens pkl_104.009
bezieht, und daß es immer didaktischer Tendenz ist.

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Hat der Dichter zur Einkleidung das sogenannte pkl_104.011
elegische Versmaaß gewählt, so nennt man das pkl_104.012
Gnomon auch wohl kurzweg Distichon. Rückert und pkl_104.013
Andere haben es wohl als kleines Gedicht von 4 Zeilen pkl_104.014
erscheinen lassen und es danach mit dem Namen Vierzeile pkl_104.015
belegt. Der Dichter ist weder an die eine, noch pkl_104.016
an die andere Form gebunden, vielmehr steht ihm rücksichtlich pkl_104.017
der Wahl derselben völlige Freiheit zu.

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§. 155. Wir sind (die in größern z. B. dramatischen pkl_104.019
Dichtungen enthaltenen Sinnsprüche ungerechnet)reich pkl_104.020
an gehaltvollen Gedichtchen dieser Art; unter pkl_104.021
den Dichtern derselben verdienen Göthe, Herder, pkl_104.022
Schiller, Gleim, Lavater, Claudius, Tiedge, pkl_104.023
Rückert, Wilh. Müller
&c. eine ehrenvolle Erwähnung.

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pkl_104.025
X. Das Epigramm.
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§. 156. Das Epigramm war, wie sein Name pkl_104.027
sagt, ursprünglich eine Aufschrift oder Jnschrift pkl_104.028
auf Denkmälern,
bei welcher es dem Dichter pkl_104.029
darauf ankam, den Sinn oder die Bedeutung pkl_104.030
des Denkmals mit wenigen,
aber scharf

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reichen Gedanken,
der entweder eine Weisheitslehre, pkl_104.002
oder eine beachtungswerthe Bemerkung, pkl_104.003
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enthält, möglichst kurz und in einer pkl_104.004
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die dem Gedächtniß leicht pkl_104.005
zugänglich ist.
Vom Epigramm (siehe §. 156!) pkl_104.006
unterscheidet es sich dadurch, daß es sich immer absolut pkl_104.007
hält, d. h. sich weder an ein äußeres Objekt pkl_104.008
knüpft, noch auf eine besondere Situation des Lebens pkl_104.009
bezieht, und daß es immer didaktischer Tendenz ist.

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Hat der Dichter zur Einkleidung das sogenannte pkl_104.011
elegische Versmaaß gewählt, so nennt man das pkl_104.012
Gnomon auch wohl kurzweg Distichon. Rückert und pkl_104.013
Andere haben es wohl als kleines Gedicht von 4 Zeilen pkl_104.014
erscheinen lassen und es danach mit dem Namen Vierzeile pkl_104.015
belegt. Der Dichter ist weder an die eine, noch pkl_104.016
an die andere Form gebunden, vielmehr steht ihm rücksichtlich pkl_104.017
der Wahl derselben völlige Freiheit zu.

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§. 155. Wir sind (die in größern z. B. dramatischen pkl_104.019
Dichtungen enthaltenen Sinnsprüche ungerechnet)reich pkl_104.020
an gehaltvollen Gedichtchen dieser Art; unter pkl_104.021
den Dichtern derselben verdienen Göthe, Herder, pkl_104.022
Schiller, Gleim, Lavater, Claudius, Tiedge, pkl_104.023
Rückert, Wilh. Müller
&c. eine ehrenvolle Erwähnung.

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X. Das Epigramm.
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sagt, ursprünglich eine Aufschrift oder Jnschrift pkl_104.028
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[104/0130] pkl_104.001 reichen Gedanken, der entweder eine Weisheitslehre, pkl_104.002 oder eine beachtungswerthe Bemerkung, pkl_104.003 Erfahrung enthält, möglichst kurz und in einer pkl_104.004 Form ausspricht, die dem Gedächtniß leicht pkl_104.005 zugänglich ist. Vom Epigramm (siehe §. 156!) pkl_104.006 unterscheidet es sich dadurch, daß es sich immer absolut pkl_104.007 hält, d. h. sich weder an ein äußeres Objekt pkl_104.008 knüpft, noch auf eine besondere Situation des Lebens pkl_104.009 bezieht, und daß es immer didaktischer Tendenz ist. pkl_104.010 Hat der Dichter zur Einkleidung das sogenannte pkl_104.011 elegische Versmaaß gewählt, so nennt man das pkl_104.012 Gnomon auch wohl kurzweg Distichon. Rückert und pkl_104.013 Andere haben es wohl als kleines Gedicht von 4 Zeilen pkl_104.014 erscheinen lassen und es danach mit dem Namen Vierzeile pkl_104.015 belegt. Der Dichter ist weder an die eine, noch pkl_104.016 an die andere Form gebunden, vielmehr steht ihm rücksichtlich pkl_104.017 der Wahl derselben völlige Freiheit zu. pkl_104.018 §. 155. Wir sind (die in größern z. B. dramatischen pkl_104.019 Dichtungen enthaltenen Sinnsprüche ungerechnet)reich pkl_104.020 an gehaltvollen Gedichtchen dieser Art; unter pkl_104.021 den Dichtern derselben verdienen Göthe, Herder, pkl_104.022 Schiller, Gleim, Lavater, Claudius, Tiedge, pkl_104.023 Rückert, Wilh. Müller &c. eine ehrenvolle Erwähnung. pkl_104.024 pkl_104.025 X. Das Epigramm. pkl_104.026 §. 156. Das Epigramm war, wie sein Name pkl_104.027 sagt, ursprünglich eine Aufschrift oder Jnschrift pkl_104.028 auf Denkmälern, bei welcher es dem Dichter pkl_104.029 darauf ankam, den Sinn oder die Bedeutung pkl_104.030 des Denkmals mit wenigen, aber scharf

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Zitationshilfe: Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/130>, abgerufen am 21.11.2024.