Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Doch seit ich diesen fremden Zug erblickt, Will ich dem innersten Gefühl mistrauen: Ich glaub's -- daß mir -- ein Anderer -- er- schienen, Wenn es dein Mund mir noch versichern kann. Jupiter. Mein großes Weib! Wie sehr beschämst du mich. Welch' eine Lüg' ist deiner Lipp' entflohen? Wie könnte dir ein Anderer erscheinen? Wer nahet dir, o du, vor deren Seele Nur stets des Ein -- und Ein'gen Züge stehn? Du bist, du Heilige, vor jedem Zutritt Mit diamantnem Gürtel angethan. Auch selbst der Glückliche, den du empfängst Entläßt dich schuldlos noch und rein, und Alles, Was sich dir nahet, ist Amphitryon. Alkmene. O mein Gemahl! Kannst du mir gütig sagen, Warst du's, warst du es nicht? O sprich! du warst's!
Doch ſeit ich dieſen fremden Zug erblickt, Will ich dem innerſten Gefuͤhl mistrauen: Ich glaub’s — daß mir — ein Anderer — er- ſchienen, Wenn es dein Mund mir noch verſichern kann. Jupiter. Mein großes Weib! Wie ſehr beſchaͤmſt du mich. Welch’ eine Luͤg’ iſt deiner Lipp’ entflohen? Wie koͤnnte dir ein Anderer erſcheinen? Wer nahet dir, o du, vor deren Seele Nur ſtets des Ein — und Ein’gen Zuͤge ſtehn? Du biſt, du Heilige, vor jedem Zutritt Mit diamantnem Guͤrtel angethan. Auch ſelbſt der Gluͤckliche, den du empfaͤngſt Entlaͤßt dich ſchuldlos noch und rein, und Alles, Was ſich dir nahet, iſt Amphitryon. Alkmene. O mein Gemahl! Kannſt du mir guͤtig ſagen, Warſt du’s, warſt du es nicht? O ſprich! du warſt’s! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ALK"> <p><pb facs="#f0111" n="95"/> Doch ſeit ich dieſen fremden Zug erblickt,<lb/> Will ich dem innerſten Gefuͤhl mistrauen:<lb/> Ich glaub’s — daß mir — ein Anderer — er-<lb/> ſchienen,<lb/> Wenn es dein Mund mir noch verſichern kann.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUP"> <speaker><hi rendition="#g">Jupiter</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein großes Weib! Wie ſehr beſchaͤmſt du mich.<lb/> Welch’ eine Luͤg’ iſt deiner Lipp’ entflohen?<lb/> Wie koͤnnte dir ein Anderer erſcheinen?<lb/> Wer nahet dir, o du, vor deren Seele<lb/> Nur ſtets des Ein — und Ein’gen Zuͤge ſtehn?<lb/> Du biſt, du Heilige, vor jedem Zutritt<lb/> Mit diamantnem Guͤrtel angethan.<lb/> Auch ſelbſt der Gluͤckliche, den du empfaͤngſt<lb/> Entlaͤßt dich ſchuldlos noch und rein, und Alles,<lb/> Was ſich dir nahet, iſt Amphitryon.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALK"> <speaker><hi rendition="#g">Alkmene</hi>.</speaker><lb/> <p>O mein Gemahl! Kannſt du mir guͤtig ſagen,<lb/> Warſt du’s, warſt du es nicht? O ſprich! du<lb/> warſt’s!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0111]
Doch ſeit ich dieſen fremden Zug erblickt,
Will ich dem innerſten Gefuͤhl mistrauen:
Ich glaub’s — daß mir — ein Anderer — er-
ſchienen,
Wenn es dein Mund mir noch verſichern kann.
Jupiter.
Mein großes Weib! Wie ſehr beſchaͤmſt du mich.
Welch’ eine Luͤg’ iſt deiner Lipp’ entflohen?
Wie koͤnnte dir ein Anderer erſcheinen?
Wer nahet dir, o du, vor deren Seele
Nur ſtets des Ein — und Ein’gen Zuͤge ſtehn?
Du biſt, du Heilige, vor jedem Zutritt
Mit diamantnem Guͤrtel angethan.
Auch ſelbſt der Gluͤckliche, den du empfaͤngſt
Entlaͤßt dich ſchuldlos noch und rein, und Alles,
Was ſich dir nahet, iſt Amphitryon.
Alkmene.
O mein Gemahl! Kannſt du mir guͤtig ſagen,
Warſt du’s, warſt du es nicht? O ſprich! du
warſt’s!
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/111>, abgerufen am 16.07.2024. |