Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822. Prinz Arthur. Weil ich ihm stand! -- Bei dem lebend'gen Gott, so weit geht keiner, Der nicht gesonnen wäre zu begnad'gen! Dort eben, vor der Schranke des Gerichts, Dort war's, wo mein Vertraun sich wiederfand. War's denn ein todeswürdiges Verbrechen, Zwei Augenblicke früher, als befohlen Die schwed'sche Macht in Staub gelegt zu haben? Und welch' ein Frevel sonst drückt meine Brust? Wie könnt' er doch vor diesen Tisch mich laden, Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich, Stets von der Kugel mir das Grablied singen: Dächt' er, mit einem heitern Herrscherspruch, Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten? Nein, Freund, er sammelt diese Nacht von Wolken Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir, Durch ihren Dunstkreis, strahlend aufzugehn! Und diese Lust, fürwahr, kann ich ihm gönnen! Graf Heinrich. Das Kriegsrecht gleichwohl, sagt man, hat gesprochen? Prinz Arthur. Ich höre, ja; auf Tod. Graf Heinrich (erstaunt.) Du weißt es schon? Prinz Arthur. Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt, Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen. Graf Heinrich. Nun denn, bei Gott! -- Der Umstand rührt Dich nicht? Prinz Arthur. Mich? Nicht im Mindesten. Prinz Arthur. Weil ich ihm ſtand! — Bei dem lebend’gen Gott, ſo weit geht keiner, Der nicht geſonnen wäre zu begnad’gen! Dort eben, vor der Schranke des Gerichts, Dort war’s, wo mein Vertraun ſich wiederfand. War’s denn ein todeswürdiges Verbrechen, Zwei Augenblicke früher, als befohlen Die ſchwed’ſche Macht in Staub gelegt zu haben? Und welch’ ein Frevel ſonſt drückt meine Bruſt? Wie könnt’ er doch vor dieſen Tiſch mich laden, Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich, Stets von der Kugel mir das Grablied ſingen: Dächt’ er, mit einem heitern Herrſcherſpruch, Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten? Nein, Freund, er ſammelt dieſe Nacht von Wolken Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir, Durch ihren Dunſtkreis, ſtrahlend aufzugehn! Und dieſe Luſt, fürwahr, kann ich ihm gönnen! Graf Heinrich. Das Kriegsrecht gleichwohl, ſagt man, hat geſprochen? Prinz Arthur. Ich höre, ja; auf Tod. Graf Heinrich (erſtaunt.) Du weißt es ſchon? Prinz Arthur. Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt, Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen. Graf Heinrich. Nun denn, bei Gott! — Der Umſtand rührt Dich nicht? Prinz Arthur. Mich? Nicht im Mindeſten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0066" n="53"/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#g">Weil</hi> ich ihm ſtand! —<lb/> Bei dem lebend’gen Gott, ſo weit geht keiner,<lb/> Der nicht geſonnen wäre zu begnad’gen!<lb/> Dort eben, vor der Schranke des Gerichts,<lb/> Dort war’s, wo mein Vertraun ſich wiederfand.<lb/> War’s denn ein todeswürdiges Verbrechen,<lb/> Zwei Augenblicke früher, als befohlen<lb/> Die ſchwed’ſche Macht in Staub gelegt zu haben?<lb/> Und welch’ ein Frevel ſonſt drückt meine Bruſt?<lb/> Wie könnt’ er doch vor dieſen Tiſch mich laden,<lb/> Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich,<lb/> Stets von der Kugel mir das Grablied ſingen:<lb/> Dächt’ er, mit einem heitern Herrſcherſpruch,<lb/> Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten?<lb/> Nein, Freund, er ſammelt dieſe Nacht von Wolken<lb/> Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir,<lb/> Durch ihren Dunſtkreis, ſtrahlend aufzugehn!<lb/> Und dieſe Luſt, fürwahr, kann ich ihm gönnen!</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Das Kriegsrecht gleichwohl, ſagt man, hat geſprochen?</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich höre, ja; auf Tod.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi> </hi> </speaker><lb/> <stage>(erſtaunt.)</stage><lb/> <p>Du weißt es ſchon?</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt,<lb/> Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Nun denn, bei Gott! — Der Umſtand rührt Dich nicht?</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Mich? Nicht im Mindeſten.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0066]
Prinz Arthur.
Weil ich ihm ſtand! —
Bei dem lebend’gen Gott, ſo weit geht keiner,
Der nicht geſonnen wäre zu begnad’gen!
Dort eben, vor der Schranke des Gerichts,
Dort war’s, wo mein Vertraun ſich wiederfand.
War’s denn ein todeswürdiges Verbrechen,
Zwei Augenblicke früher, als befohlen
Die ſchwed’ſche Macht in Staub gelegt zu haben?
Und welch’ ein Frevel ſonſt drückt meine Bruſt?
Wie könnt’ er doch vor dieſen Tiſch mich laden,
Von Richtern, herzlos, die den Eulen gleich,
Stets von der Kugel mir das Grablied ſingen:
Dächt’ er, mit einem heitern Herrſcherſpruch,
Nicht, als ein Gott, in ihren Kreis zu treten?
Nein, Freund, er ſammelt dieſe Nacht von Wolken
Nur um mein Haupt, um wie die Sonne mir,
Durch ihren Dunſtkreis, ſtrahlend aufzugehn!
Und dieſe Luſt, fürwahr, kann ich ihm gönnen!
Graf Heinrich.
Das Kriegsrecht gleichwohl, ſagt man, hat geſprochen?
Prinz Arthur.
Ich höre, ja; auf Tod.
Graf Heinrich
(erſtaunt.)
Du weißt es ſchon?
Prinz Arthur.
Golz, der dem Spruch des Kriegsrechts beigewohnt,
Hat mir gemeldet, wie er ausgefallen.
Graf Heinrich.
Nun denn, bei Gott! — Der Umſtand rührt Dich nicht?
Prinz Arthur.
Mich? Nicht im Mindeſten.
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