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Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.

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Der Frühling.
Des Hügels Krone, davon ein Theil im Sonnenschein lächelt
Und glänzt, der andere traurt im Flor vom Schatten der Wolken.
Die Lerche steigt in die Lust, sieht unter sich Klippen und Thäler;
Entzückung thönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes
Ergötzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; Denn
lehnt er

Sich auf den gleitenden Pslug, zieht braune Wellen im Erdreich
Verfolgt von Krähen und Elstern. Der Säemann schreitet ge-
messen,

Giesst güldne Tropfen ihm nach; Die zackichte Egde bewälzt sie
Mit einer ebenen Decke. O daß der mühsame Landwirth
Für sich den Seegen nur streute! daß ihn die Weinstöcke tränkten
Und in den Wiesen für ihn nur bunte Wogen sich wälzten!
Allein der frässige Krieg von zähnebleckenden Hunger
Und wilden Schaaren begleitet, verheeret ost Arbeit und Hoffnung;
Gleich Hagelgüssen und Sturm zerbricht er nährende Halmen
Reisst Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und Wälder

Für
B 3

Der Frühling.
Des Hügels Krone, davon ein Theil im Sonnenſchein lächelt
Und glänzt, der andere traurt im Flor vom Schatten der Wolken.
Die Lerche ſteigt in die Luſt, ſieht unter ſich Klippen und Thäler;
Entzückung thönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes
Ergötzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; Denn
lehnt er

Sich auf den gleitenden Pſlug, zieht braune Wellen im Erdreich
Verfolgt von Krähen und Elſtern. Der Säemann ſchreitet ge-
meſſen,

Gieſſt güldne Tropfen ihm nach; Die zackichte Egde bewälzt ſie
Mit einer ebenen Decke. O daß der mühſame Landwirth
Für ſich den Seegen nur ſtreute! daß ihn die Weinſtöcke tränkten
Und in den Wieſen für ihn nur bunte Wogen ſich wälzten!
Allein der fräſſige Krieg von zähnebleckenden Hunger
Und wilden Schaaren begleitet, verheeret oſt Arbeit und Hoffnung;
Gleich Hagelgüſſen und Sturm zerbricht er nährende Halmen
Reiſſt Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und Wälder

Für
B 3
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[13/0015] Der Frühling. Des Hügels Krone, davon ein Theil im Sonnenſchein lächelt Und glänzt, der andere traurt im Flor vom Schatten der Wolken. Die Lerche ſteigt in die Luſt, ſieht unter ſich Klippen und Thäler; Entzückung thönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes Ergötzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; Denn lehnt er Sich auf den gleitenden Pſlug, zieht braune Wellen im Erdreich Verfolgt von Krähen und Elſtern. Der Säemann ſchreitet ge- meſſen, Gieſſt güldne Tropfen ihm nach; Die zackichte Egde bewälzt ſie Mit einer ebenen Decke. O daß der mühſame Landwirth Für ſich den Seegen nur ſtreute! daß ihn die Weinſtöcke tränkten Und in den Wieſen für ihn nur bunte Wogen ſich wälzten! Allein der fräſſige Krieg von zähnebleckenden Hunger Und wilden Schaaren begleitet, verheeret oſt Arbeit und Hoffnung; Gleich Hagelgüſſen und Sturm zerbricht er nährende Halmen Reiſſt Stab und Reben zu Boden, entzündet Dörfer und Wälder Für B 3

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Zitationshilfe: Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/15>, abgerufen am 21.11.2024.