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Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.

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Der Frühling.
Ich würde sie nimmer beneiden. Du Meer der Liebe, o Himmel!
Du ewger Brunnen des Heils! soll nie dein Ausfluß mich tränken?
soll meine Blume des Lebens erstickt von Unkraut verblühen?
Nein, du beseligst dein Werk. Es lispelt ruhige Hoffnung
Mir Trost und Labsal zum Herzen; Die Dämmrung flieht vor
Auroren,

Die finstre Decke der Zukunst wird aufgezogen, ich sehe
Ganz andre Scenen der Dinge und unbekannte Gefilde.
Ich sehe dich himmlische Doris! du komst aus Rosengebüschen
In meine Schatten, voll Glanz und majestätischem Liebreitz;
So trit die Tugend einher, so ist die Anmuth gestaltet.
Du singst zur Cyther und Phöbus bricht schnell durch die Gewölke
Die Stürme schweigen; Olymp merkt auf; Das Bildniß der Lieder
Thönt sanft in fernen Gebürgen, und Zefir weht mirs herüber.
Und du mein redlicher Gleim du steigst vom Gipfel des Homus
Und rührst die Tejischen Sayten voll Lust. Die Thore des Him-
mels

Gehn

Der Frühling.
Ich würde ſie nimmer beneiden. Du Meer der Liebe, o Himmel!
Du ewger Brunnen des Heils! ſoll nie dein Ausfluß mich tränken?
ſoll meine Blume des Lebens erſtickt von Unkraut verblühen?
Nein, du beſeligſt dein Werk. Es liſpelt ruhige Hoffnung
Mir Troſt und Labſal zum Herzen; Die Dämmrung flieht vor
Auroren,

Die finſtre Decke der Zukunſt wird aufgezogen, ich ſehe
Ganz andre Scenen der Dinge und unbekannte Gefilde.
Ich ſehe dich himmliſche Doris! du komſt aus Roſengebüſchen
In meine Schatten, voll Glanz und majeſtätiſchem Liebreitz;
So trit die Tugend einher, ſo iſt die Anmuth geſtaltet.
Du ſingſt zur Cyther und Phöbus bricht ſchnell durch die Gewölke
Die Stürme ſchweigen; Olymp merkt auf; Das Bildniß der Lieder
Thönt ſanft in fernen Gebürgen, und Zefir weht mirs herüber.
Und du mein redlicher Gleim du ſteigſt vom Gipfel des Homus
Und rührſt die Tejiſchen Sayten voll Luſt. Die Thore des Him-
mels

Gehn
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[23/0025] Der Frühling. Ich würde ſie nimmer beneiden. Du Meer der Liebe, o Himmel! Du ewger Brunnen des Heils! ſoll nie dein Ausfluß mich tränken? ſoll meine Blume des Lebens erſtickt von Unkraut verblühen? Nein, du beſeligſt dein Werk. Es liſpelt ruhige Hoffnung Mir Troſt und Labſal zum Herzen; Die Dämmrung flieht vor Auroren, Die finſtre Decke der Zukunſt wird aufgezogen, ich ſehe Ganz andre Scenen der Dinge und unbekannte Gefilde. Ich ſehe dich himmliſche Doris! du komſt aus Roſengebüſchen In meine Schatten, voll Glanz und majeſtätiſchem Liebreitz; So trit die Tugend einher, ſo iſt die Anmuth geſtaltet. Du ſingſt zur Cyther und Phöbus bricht ſchnell durch die Gewölke Die Stürme ſchweigen; Olymp merkt auf; Das Bildniß der Lieder Thönt ſanft in fernen Gebürgen, und Zefir weht mirs herüber. Und du mein redlicher Gleim du ſteigſt vom Gipfel des Homus Und rührſt die Tejiſchen Sayten voll Luſt. Die Thore des Him- mels Gehn

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Zitationshilfe: Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fruehling_1749/25>, abgerufen am 24.11.2024.