Kleist, Ewald Christian von: Der Frühling. Berlin, 1749.Der Frühling. Dort will ich lauschen und sie sich freun und liebkosen hören.Fließ sanft o gläsernes Flüßchen! still! ächzende Zefirs im Laube Schwächt nicht ihr buhlrisches Flistern. Schlagt laut Bewohner der Wipfel Schlagt, lehrt mich euren Gesang! Sie schlagen; Symphonische Thöne Durchfliehn von Eichen und Dorn des weiten Schattensaals Kam- mern Die ganze Gegend wird Schall. Der Fink, der röthliche Hänfling Pfeift hell aus Buchen. Ein Heer von tulpenfarbgen Stieglitzen Hüpft hin und wieder auf Strauch, beschaut die blühende Distel, Ihr Lied hüpft frölich wie sie. Der Zeisig klaget der Schönen Sein Leiden aus Zellen vom Laub. Vom Ulmbaum flötet die Amsel In hohlen Thönen den Baß. Nur die geflügelte Stimme Die kleine Nachtigall weicht aus Ruhmsucht in einsahme Gründe Durch dicke Wipfel umwölbt, der Traurigkeit ewige Wohnung, (Worinn aus Lüsten und Feld der Nacht verbreitete Schatten Sich
Der Frühling. Dort will ich lauſchen und ſie ſich freun und liebkoſen hören.Fließ ſanft o gläſernes Flüßchen! ſtill! ächzende Zefirs im Laube Schwächt nicht ihr buhlriſches Fliſtern. Schlagt laut Bewohner der Wipfel Schlagt, lehrt mich euren Geſang! Sie ſchlagen; Symphoniſche Thöne Durchfliehn von Eichen und Dorn des weiten Schattenſaals Kam- mern Die ganze Gegend wird Schall. Der Fink, der röthliche Hänfling Pfeift hell aus Buchen. Ein Heer von tulpenfarbgen Stieglitzen Hüpft hin und wieder auf Strauch, beſchaut die blühende Diſtel, Ihr Lied hüpft frölich wie ſie. Der Zeiſig klaget der Schönen Sein Leiden aus Zellen vom Laub. Vom Ulmbaum flötet die Amſel In hohlen Thönen den Baß. Nur die geflügelte Stimme Die kleine Nachtigall weicht aus Ruhmſucht in einſahme Gründe Durch dicke Wipfel umwölbt, der Traurigkeit ewige Wohnung, (Worinn aus Lüſten und Feld der Nacht verbreitete Schatten Sich
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Der Frühling.
Dort will ich lauſchen und ſie ſich freun und liebkoſen hören.
Fließ ſanft o gläſernes Flüßchen! ſtill! ächzende Zefirs im Laube
Schwächt nicht ihr buhlriſches Fliſtern. Schlagt laut Bewohner
der Wipfel
Schlagt, lehrt mich euren Geſang! Sie ſchlagen; Symphoniſche
Thöne
Durchfliehn von Eichen und Dorn des weiten Schattenſaals Kam-
mern
Die ganze Gegend wird Schall. Der Fink, der röthliche Hänfling
Pfeift hell aus Buchen. Ein Heer von tulpenfarbgen Stieglitzen
Hüpft hin und wieder auf Strauch, beſchaut die blühende Diſtel,
Ihr Lied hüpft frölich wie ſie. Der Zeiſig klaget der Schönen
Sein Leiden aus Zellen vom Laub. Vom Ulmbaum flötet die Amſel
In hohlen Thönen den Baß. Nur die geflügelte Stimme
Die kleine Nachtigall weicht aus Ruhmſucht in einſahme Gründe
Durch dicke Wipfel umwölbt, der Traurigkeit ewige Wohnung,
(Worinn aus Lüſten und Feld der Nacht verbreitete Schatten
Sich
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