Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Belehre deine Magd, mein edler Herr,
Wie soll ich mich in diesem Falle fassen?
Graf Otto (ungeduldig).
Belehren -- was!
Hans.
Bei Gott! Ist es erhört?
Der Graf vom Strahl (mit noch milder Strenge).
Du sollst sogleich vor jene Schranke treten,
Und Rede stehn, auf was man fragen wird!
Käthchen.
Nein, sprich! Du bist verklagt?
Der Graf vom Strahl.
Du hörst.
Käthchen.
Und jene Männer dort sind deine Richter?
Der Graf vom Strahl.
So ist's.
Käthchen (zur Schranke tretend).
Ihr würd'gen Herrn, wer ihr auch sein mögt
dort,
Steht gleich vom Richtstuhl auf und räumt ihn diesem!
Denn, beim lebend'gen Gott, ich sag' es euch,
Rein, wie sein Harnisch ist sein Herz, und eures
Verglichen ihm, und meins, wie eure Mäntel.
Wenn hier gesündigt ward, ist er der Richter,
Und ihr sollt zitternd vor der Schranke stehn!
Belehre deine Magd, mein edler Herr,
Wie ſoll ich mich in dieſem Falle faſſen?
Graf Otto (ungeduldig).
Belehren — was!
Hans.
Bei Gott! Iſt es erhört?
Der Graf vom Strahl (mit noch milder Strenge).
Du ſollſt ſogleich vor jene Schranke treten,
Und Rede ſtehn, auf was man fragen wird!
Käthchen.
Nein, ſprich! Du biſt verklagt?
Der Graf vom Strahl.
Du hörſt.
Käthchen.
Und jene Männer dort ſind deine Richter?
Der Graf vom Strahl.
So iſt's.
Käthchen (zur Schranke tretend).
Ihr würd'gen Herrn, wer ihr auch ſein mögt
dort,
Steht gleich vom Richtſtuhl auf und räumt ihn dieſem!
Denn, beim lebend'gen Gott, ich ſag' es euch,
Rein, wie ſein Harniſch iſt ſein Herz, und eures
Verglichen ihm, und meins, wie eure Mäntel.
Wenn hier geſündigt ward, iſt er der Richter,
Und ihr ſollt zitternd vor der Schranke ſtehn!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#KAET">
            <p><pb facs="#f0032" n="26"/>
Belehre deine Magd, mein edler Herr,<lb/>
Wie &#x017F;oll ich mich in die&#x017F;em Falle fa&#x017F;&#x017F;en?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#OTTO">
            <speaker> <hi rendition="#g">Graf Otto</hi> </speaker>
            <stage>(ungeduldig).</stage><lb/>
            <p>Belehren &#x2014; was!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HAN">
            <speaker><hi rendition="#g">Hans</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Bei Gott! I&#x017F;t es erhört?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STRA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Der Graf vom Strahl</hi> </speaker>
            <stage>(mit noch milder Strenge).</stage><lb/>
            <p>Du &#x017F;oll&#x017F;t &#x017F;ogleich vor jene Schranke treten,<lb/>
Und Rede &#x017F;tehn, auf was man fragen wird!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Nein, &#x017F;prich! Du bi&#x017F;t verklagt?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Der Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Du hör&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Und jene Männer dort &#x017F;ind deine Richter?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Der Graf vom Strahl</hi>.</speaker><lb/>
            <p>So i&#x017F;t's.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker> <hi rendition="#g">Käthchen</hi> </speaker>
            <stage>(zur Schranke tretend).</stage><lb/>
            <p>Ihr würd'gen Herrn, wer ihr auch &#x017F;ein mögt<lb/>
dort,<lb/>
Steht gleich vom Richt&#x017F;tuhl auf und räumt ihn die&#x017F;em!<lb/>
Denn, beim lebend'gen Gott, ich &#x017F;ag' es euch,<lb/>
Rein, wie &#x017F;ein Harni&#x017F;ch i&#x017F;t &#x017F;ein Herz, und eures<lb/>
Verglichen ihm, und meins, wie eure Mäntel.<lb/>
Wenn hier ge&#x017F;ündigt ward, i&#x017F;t <hi rendition="#g">er</hi> der Richter,<lb/>
Und ihr &#x017F;ollt zitternd vor der Schranke &#x017F;tehn!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0032] Belehre deine Magd, mein edler Herr, Wie ſoll ich mich in dieſem Falle faſſen? Graf Otto (ungeduldig). Belehren — was! Hans. Bei Gott! Iſt es erhört? Der Graf vom Strahl (mit noch milder Strenge). Du ſollſt ſogleich vor jene Schranke treten, Und Rede ſtehn, auf was man fragen wird! Käthchen. Nein, ſprich! Du biſt verklagt? Der Graf vom Strahl. Du hörſt. Käthchen. Und jene Männer dort ſind deine Richter? Der Graf vom Strahl. So iſt's. Käthchen (zur Schranke tretend). Ihr würd'gen Herrn, wer ihr auch ſein mögt dort, Steht gleich vom Richtſtuhl auf und räumt ihn dieſem! Denn, beim lebend'gen Gott, ich ſag' es euch, Rein, wie ſein Harniſch iſt ſein Herz, und eures Verglichen ihm, und meins, wie eure Mäntel. Wenn hier geſündigt ward, iſt er der Richter, Und ihr ſollt zitternd vor der Schranke ſtehn!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/32
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/32>, abgerufen am 21.11.2024.