Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Scene. Schloß Wetterstrahl. Ein Gemach in der Burg.
Neunter Auftritt.
Kunigunde (in einem halb vollendeten, romantischen Anzuge,
tritt auf, und setzt sich vor einer Toilette nieder. Hinter ihr
Rosalie und die alte Brigitte.
Rosalie (zu Brigitten).
Hier, Mütterchen, setz dich! Der Graf vom Strahl
hat sich bei meinem Fräulein anmelden lassen; sie läßt
sich nur noch die Haare von mir zurecht legen, und
mag gern dein Geschwätz hören.
Brigitte (die sich gesetzt).
Also ihr seid Fräulein Kunigunde von Thurneck?
Kunigunde.
Ja Mütterchen; das bin ich.
Brigitte.
Und nennt euch eine Tochter des Kaisers?
Kunigunde.
Des Kaisers? Nein; wer sagt dir das? Der jetzt
lebende Kaiser ist mir fremd; die Urenkelin eines der
vorigen Kaiser bin ich, die in verflossenen Jahrhun-
derten, auf dem deutschen Thron saßen.
Brigitte.
O Herr! Es ist nicht möglich? Die Urenkeltochter --
Kunigunde.
Nun ja!
Scene. Schloß Wetterſtrahl. Ein Gemach in der Burg.
Neunter Auftritt.
Kunigunde (in einem halb vollendeten, romantiſchen Anzuge,
tritt auf, und ſetzt ſich vor einer Toilette nieder. Hinter ihr
Roſalie und die alte Brigitte.
Roſalie (zu Brigitten).
Hier, Mütterchen, ſetz dich! Der Graf vom Strahl
hat ſich bei meinem Fräulein anmelden laſſen; ſie läßt
ſich nur noch die Haare von mir zurecht legen, und
mag gern dein Geſchwätz hören.
Brigitte (die ſich geſetzt).
Alſo ihr ſeid Fräulein Kunigunde von Thurneck?
Kunigunde.
Ja Mütterchen; das bin ich.
Brigitte.
Und nennt euch eine Tochter des Kaiſers?
Kunigunde.
Des Kaiſers? Nein; wer ſagt dir das? Der jetzt
lebende Kaiſer iſt mir fremd; die Urenkelin eines der
vorigen Kaiſer bin ich, die in verfloſſenen Jahrhun-
derten, auf dem deutſchen Thron ſaßen.
Brigitte.
O Herr! Es iſt nicht möglich? Die Urenkeltochter —
Kunigunde.
Nun ja!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#STRA">
            <pb facs="#f0084" n="78"/>
            <stage><hi rendition="#g">Scene</hi>. Schloß Wetter&#x017F;trahl. Ein Gemach in der Burg.</stage>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Neunter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/>
          <stage>Kunigunde (in einem halb vollendeten, romanti&#x017F;chen Anzuge,<lb/>
tritt auf, und &#x017F;etzt &#x017F;ich vor einer Toilette nieder. Hinter ihr<lb/>
Ro&#x017F;alie und die alte Brigitte.</stage><lb/>
          <sp who="#ROS">
            <speaker> <hi rendition="#g">Ro&#x017F;alie</hi> </speaker>
            <stage>(zu <hi rendition="#g">Brigitten</hi>).</stage><lb/>
            <p>Hier, Mütterchen, &#x017F;etz dich! Der Graf vom Strahl<lb/>
hat &#x017F;ich bei meinem Fräulein anmelden la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ie läßt<lb/>
&#x017F;ich nur noch die Haare von mir zurecht legen, und<lb/>
mag gern dein Ge&#x017F;chwätz hören.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRI">
            <speaker> <hi rendition="#g">Brigitte</hi> </speaker>
            <stage>(die &#x017F;ich ge&#x017F;etzt).</stage><lb/>
            <p>Al&#x017F;o ihr &#x017F;eid Fräulein Kunigunde von Thurneck?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KUN">
            <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ja Mütterchen; das bin ich.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRI">
            <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Und nennt euch eine Tochter des Kai&#x017F;ers?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KUN">
            <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Des Kai&#x017F;ers? Nein; wer &#x017F;agt dir das? Der jetzt<lb/>
lebende Kai&#x017F;er i&#x017F;t mir fremd; die Urenkelin eines der<lb/>
vorigen Kai&#x017F;er bin ich, die in verflo&#x017F;&#x017F;enen Jahrhun-<lb/>
derten, auf dem deut&#x017F;chen Thron &#x017F;aßen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRI">
            <speaker><hi rendition="#g">Brigitte</hi>.</speaker><lb/>
            <p>O Herr! Es i&#x017F;t nicht möglich? Die Urenkeltochter &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KUN">
            <speaker><hi rendition="#g">Kunigunde</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Nun ja!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0084] Scene. Schloß Wetterſtrahl. Ein Gemach in der Burg. Neunter Auftritt. Kunigunde (in einem halb vollendeten, romantiſchen Anzuge, tritt auf, und ſetzt ſich vor einer Toilette nieder. Hinter ihr Roſalie und die alte Brigitte. Roſalie (zu Brigitten). Hier, Mütterchen, ſetz dich! Der Graf vom Strahl hat ſich bei meinem Fräulein anmelden laſſen; ſie läßt ſich nur noch die Haare von mir zurecht legen, und mag gern dein Geſchwätz hören. Brigitte (die ſich geſetzt). Alſo ihr ſeid Fräulein Kunigunde von Thurneck? Kunigunde. Ja Mütterchen; das bin ich. Brigitte. Und nennt euch eine Tochter des Kaiſers? Kunigunde. Des Kaiſers? Nein; wer ſagt dir das? Der jetzt lebende Kaiſer iſt mir fremd; die Urenkelin eines der vorigen Kaiſer bin ich, die in verfloſſenen Jahrhun- derten, auf dem deutſchen Thron ſaßen. Brigitte. O Herr! Es iſt nicht möglich? Die Urenkeltochter — Kunigunde. Nun ja!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/84
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/84>, abgerufen am 26.11.2024.