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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Kein Traum, der heute früh Glock achte noch
Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.
Walter.
Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muß
Auf dieser Reis', in unsrer Staaten Dienst,
Zufrieden sein, wenn meine Wirthe mich
Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen.
Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft,
Ich mein's von Herzen gut, schon wenn ich komme.
Das Obertribunal in Utrecht will
Die Rechtspfleg' auf dem platten Land verbessern,
Die mangelhaft von mancher Seite scheint,
Und strenge Weisung hat der Mißbrauch zu erwarten.
Doch mein Geschäfft auf dieser Reis' ist noch
Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen,
Und find ich gleich nicht Alles, wie es soll,
Ich freue mich, wenn es erträglich ist.
Adam.
Fürwahr, so edle Denkart muß man loben.
Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl' ich,
Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen;
Und wenn er in den Niederlanden gleich
Seit Kaiser Karl dem fünften schon besteht:
Was läßt sich in Gedanken nicht erfinden?
Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger,
Und Alles lies't, ich weiß, den Puffendorff;
Kein Traum, der heute fruͤh Glock achte noch
Zu ſolchem Gluͤcke ſich verſteigen durfte.
Walter.
Ich komm ein wenig ſchnell, ich weiß; und muß
Auf dieſer Reiſ’, in unſrer Staaten Dienſt,
Zufrieden ſein, wenn meine Wirthe mich
Mit wohlgemeintem Abſchiedsgruß entlaſſen.
Inzwiſchen ich, was meinen Gruß betrifft,
Ich mein’s von Herzen gut, ſchon wenn ich komme.
Das Obertribunal in Utrecht will
Die Rechtspfleg’ auf dem platten Land verbeſſern,
Die mangelhaft von mancher Seite ſcheint,
Und ſtrenge Weiſung hat der Mißbrauch zu erwarten.
Doch mein Geſchaͤfft auf dieſer Reiſ’ iſt noch
Ein ſtrenges nicht, ſehn ſoll ich bloß, nicht ſtrafen,
Und find ich gleich nicht Alles, wie es ſoll,
Ich freue mich, wenn es ertraͤglich iſt.
Adam.
Fuͤrwahr, ſo edle Denkart muß man loben.
Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl’ ich,
Den alten Brauch im Recht zu tadeln wiſſen;
Und wenn er in den Niederlanden gleich
Seit Kaiſer Karl dem fuͤnften ſchon beſteht:
Was laͤßt ſich in Gedanken nicht erfinden?
Die Welt, ſagt unſer Sprichwort, wird ſtets kluͤger,
Und Alles lieſ’t, ich weiß, den Puffendorff;
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[29/0035] Kein Traum, der heute fruͤh Glock achte noch Zu ſolchem Gluͤcke ſich verſteigen durfte. Walter. Ich komm ein wenig ſchnell, ich weiß; und muß Auf dieſer Reiſ’, in unſrer Staaten Dienſt, Zufrieden ſein, wenn meine Wirthe mich Mit wohlgemeintem Abſchiedsgruß entlaſſen. Inzwiſchen ich, was meinen Gruß betrifft, Ich mein’s von Herzen gut, ſchon wenn ich komme. Das Obertribunal in Utrecht will Die Rechtspfleg’ auf dem platten Land verbeſſern, Die mangelhaft von mancher Seite ſcheint, Und ſtrenge Weiſung hat der Mißbrauch zu erwarten. Doch mein Geſchaͤfft auf dieſer Reiſ’ iſt noch Ein ſtrenges nicht, ſehn ſoll ich bloß, nicht ſtrafen, Und find ich gleich nicht Alles, wie es ſoll, Ich freue mich, wenn es ertraͤglich iſt. Adam. Fuͤrwahr, ſo edle Denkart muß man loben. Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl’ ich, Den alten Brauch im Recht zu tadeln wiſſen; Und wenn er in den Niederlanden gleich Seit Kaiſer Karl dem fuͤnften ſchon beſteht: Was laͤßt ſich in Gedanken nicht erfinden? Die Welt, ſagt unſer Sprichwort, wird ſtets kluͤger, Und Alles lieſ’t, ich weiß, den Puffendorff;

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/35>, abgerufen am 22.12.2024.