Kleist, Heinrich von: Die Verlobung von St. Domingo. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [45]–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zu Port au Prince, auf dem französischen Antheil der Insel St. Domingo, lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts, als die Schwarzen die Weißen ermordeten, auf der Pflanzung des Hrn. Guillaume von Villeneuve ein fürchterlicher alter Neger, Namens Congo Hoango. Dieser von der Goldküste von Afrika herstammende Mensch, der in seiner Jugend von treuer und rechtschaffener Gemüthsart schien, war von seinem Herrn, weil er ihm einst auf einer Ueberfahrt nach Cuba das Leben gerettet hatte, mit unendlichen Wohlthaten überhäuft worden. Nicht nur, daß Hr. Guillaume ihm auf der Stelle seine Freiheit schenkte und ihm bei seiner Rückkehr nach St. Domingo Haus und Hof anwies; er machte ihn sogar einige Jahre darauf, gegen die Gewohnheit des Landes, zum Aufseher seiner beträchtlichen Besitzung und legte ihm, weil er nicht wieder heirathen wollte, an Weibes Statt eine alte Mulattin, Namens Babekan, aus seiner Pflanzung bei, mit welcher er durch seine erste verstorbene Frau weitläufig verwandt war. Ja, als der Neger sein sechzigstes Jahr erreicht hatte, setzte er ihn mit einem ansehnlichen Gehalt in den Ruhestand und krönte seine Wohlthaten noch damit, daß er ihm in seinem Vermächtniß Zu Port au Prince, auf dem französischen Antheil der Insel St. Domingo, lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts, als die Schwarzen die Weißen ermordeten, auf der Pflanzung des Hrn. Guillaume von Villeneuve ein fürchterlicher alter Neger, Namens Congo Hoango. Dieser von der Goldküste von Afrika herstammende Mensch, der in seiner Jugend von treuer und rechtschaffener Gemüthsart schien, war von seinem Herrn, weil er ihm einst auf einer Ueberfahrt nach Cuba das Leben gerettet hatte, mit unendlichen Wohlthaten überhäuft worden. Nicht nur, daß Hr. Guillaume ihm auf der Stelle seine Freiheit schenkte und ihm bei seiner Rückkehr nach St. Domingo Haus und Hof anwies; er machte ihn sogar einige Jahre darauf, gegen die Gewohnheit des Landes, zum Aufseher seiner beträchtlichen Besitzung und legte ihm, weil er nicht wieder heirathen wollte, an Weibes Statt eine alte Mulattin, Namens Babekan, aus seiner Pflanzung bei, mit welcher er durch seine erste verstorbene Frau weitläufig verwandt war. Ja, als der Neger sein sechzigstes Jahr erreicht hatte, setzte er ihn mit einem ansehnlichen Gehalt in den Ruhestand und krönte seine Wohlthaten noch damit, daß er ihm in seinem Vermächtniß <TEI> <text> <pb facs="#f0009"/> <body> <div n="1"> <p>Zu Port au Prince, auf dem französischen Antheil der Insel St. Domingo, lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts, als die Schwarzen die Weißen ermordeten, auf der Pflanzung des Hrn. Guillaume von Villeneuve ein fürchterlicher alter Neger, Namens Congo Hoango. Dieser von der Goldküste von Afrika herstammende Mensch, der in seiner Jugend von treuer und rechtschaffener Gemüthsart schien, war von seinem Herrn, weil er ihm einst auf einer Ueberfahrt nach Cuba das Leben gerettet hatte, mit unendlichen Wohlthaten überhäuft worden. Nicht nur, daß Hr. Guillaume ihm auf der Stelle seine Freiheit schenkte und ihm bei seiner Rückkehr nach St. Domingo Haus und Hof anwies; er machte ihn sogar einige Jahre darauf, gegen die Gewohnheit des Landes, zum Aufseher seiner beträchtlichen Besitzung und legte ihm, weil er nicht wieder heirathen wollte, an Weibes Statt eine alte Mulattin, Namens Babekan, aus seiner Pflanzung bei, mit welcher er durch seine erste verstorbene Frau weitläufig verwandt war. Ja, als der Neger sein sechzigstes Jahr erreicht hatte, setzte er ihn mit einem ansehnlichen Gehalt in den Ruhestand und krönte seine Wohlthaten noch damit, daß er ihm in seinem Vermächtniß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Zu Port au Prince, auf dem französischen Antheil der Insel St. Domingo, lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts, als die Schwarzen die Weißen ermordeten, auf der Pflanzung des Hrn. Guillaume von Villeneuve ein fürchterlicher alter Neger, Namens Congo Hoango. Dieser von der Goldküste von Afrika herstammende Mensch, der in seiner Jugend von treuer und rechtschaffener Gemüthsart schien, war von seinem Herrn, weil er ihm einst auf einer Ueberfahrt nach Cuba das Leben gerettet hatte, mit unendlichen Wohlthaten überhäuft worden. Nicht nur, daß Hr. Guillaume ihm auf der Stelle seine Freiheit schenkte und ihm bei seiner Rückkehr nach St. Domingo Haus und Hof anwies; er machte ihn sogar einige Jahre darauf, gegen die Gewohnheit des Landes, zum Aufseher seiner beträchtlichen Besitzung und legte ihm, weil er nicht wieder heirathen wollte, an Weibes Statt eine alte Mulattin, Namens Babekan, aus seiner Pflanzung bei, mit welcher er durch seine erste verstorbene Frau weitläufig verwandt war. Ja, als der Neger sein sechzigstes Jahr erreicht hatte, setzte er ihn mit einem ansehnlichen Gehalt in den Ruhestand und krönte seine Wohlthaten noch damit, daß er ihm in seinem Vermächtniß
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