Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

schöpfern anzieht. Guter Gott was müssen
nach einem Jahrtausend nicht für Fortschritte
in allen Wissenschaften gemacht sein, da wir
jezt bereits so weit sind; man muß dann,
Naturreparirer, eben so häufig wie jezt Uhr-
macher haben; Korrespondenzen mit dem Monde
führen, von dem wir heutiges Tages schon
Steine heraberhalten; Shakspearsche Stücke
in den untersten Klassen als Exercitien aus-
arbeiten; die Liebe, die Freundschaft, die
Treue, wie jezt den Hanswurst, schon nicht
mehr auf den Theatern dulden; Tollhäuser
nur noch für Vernünftige aufbauen; die
Aerzte als schädliche Mitglieder des Staates
ausreuten, weil sie das Mittel gegen den
Tod aufgefunden; und Gewitter und Erdbe-
ben so leicht veranstalten können, wie jezt
Feuerwerke. -- Armer schwebender Teufel,
wie würde es da mit deiner Unsterblichkeit aus-
sehen, und du hast wohlgethan daß du dich
rasch aus dem Staube machtest." --


ſchoͤpfern anzieht. Guter Gott was muͤſſen
nach einem Jahrtauſend nicht fuͤr Fortſchritte
in allen Wiſſenſchaften gemacht ſein, da wir
jezt bereits ſo weit ſind; man muß dann,
Naturreparirer, eben ſo haͤufig wie jezt Uhr-
macher haben; Korreſpondenzen mit dem Monde
fuͤhren, von dem wir heutiges Tages ſchon
Steine heraberhalten; Shakſpearſche Stuͤcke
in den unterſten Klaſſen als Exercitien aus-
arbeiten; die Liebe, die Freundſchaft, die
Treue, wie jezt den Hanswurſt, ſchon nicht
mehr auf den Theatern dulden; Tollhaͤuſer
nur noch fuͤr Vernuͤnftige aufbauen; die
Aerzte als ſchaͤdliche Mitglieder des Staates
ausreuten, weil ſie das Mittel gegen den
Tod aufgefunden; und Gewitter und Erdbe-
ben ſo leicht veranſtalten koͤnnen, wie jezt
Feuerwerke. — Armer ſchwebender Teufel,
wie wuͤrde es da mit deiner Unſterblichkeit aus-
ſehen, und du haſt wohlgethan daß du dich
raſch aus dem Staube machteſt.“ —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="137"/>
&#x017F;cho&#x0364;pfern anzieht. Guter Gott was mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
nach einem Jahrtau&#x017F;end nicht fu&#x0364;r Fort&#x017F;chritte<lb/>
in allen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gemacht &#x017F;ein, da wir<lb/>
jezt bereits &#x017F;o weit &#x017F;ind; man muß dann,<lb/>
Naturreparirer, eben &#x017F;o ha&#x0364;ufig wie jezt Uhr-<lb/>
macher haben; Korre&#x017F;pondenzen mit dem Monde<lb/>
fu&#x0364;hren, von dem wir heutiges Tages &#x017F;chon<lb/>
Steine heraberhalten; Shak&#x017F;pear&#x017F;che Stu&#x0364;cke<lb/>
in den unter&#x017F;ten Kla&#x017F;&#x017F;en als Exercitien aus-<lb/>
arbeiten; die Liebe, die Freund&#x017F;chaft, die<lb/>
Treue, wie jezt den Hanswur&#x017F;t, &#x017F;chon nicht<lb/>
mehr auf den Theatern dulden; Tollha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
nur noch fu&#x0364;r Vernu&#x0364;nftige aufbauen; die<lb/>
Aerzte als &#x017F;cha&#x0364;dliche Mitglieder des Staates<lb/>
ausreuten, weil &#x017F;ie das Mittel gegen den<lb/>
Tod aufgefunden; und Gewitter und Erdbe-<lb/>
ben &#x017F;o leicht veran&#x017F;talten ko&#x0364;nnen, wie jezt<lb/>
Feuerwerke. &#x2014; Armer &#x017F;chwebender Teufel,<lb/>
wie wu&#x0364;rde es da mit deiner Un&#x017F;terblichkeit aus-<lb/>
&#x017F;ehen, und du ha&#x017F;t wohlgethan daß du dich<lb/>
ra&#x017F;ch aus dem Staube machte&#x017F;t.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0139] ſchoͤpfern anzieht. Guter Gott was muͤſſen nach einem Jahrtauſend nicht fuͤr Fortſchritte in allen Wiſſenſchaften gemacht ſein, da wir jezt bereits ſo weit ſind; man muß dann, Naturreparirer, eben ſo haͤufig wie jezt Uhr- macher haben; Korreſpondenzen mit dem Monde fuͤhren, von dem wir heutiges Tages ſchon Steine heraberhalten; Shakſpearſche Stuͤcke in den unterſten Klaſſen als Exercitien aus- arbeiten; die Liebe, die Freundſchaft, die Treue, wie jezt den Hanswurſt, ſchon nicht mehr auf den Theatern dulden; Tollhaͤuſer nur noch fuͤr Vernuͤnftige aufbauen; die Aerzte als ſchaͤdliche Mitglieder des Staates ausreuten, weil ſie das Mittel gegen den Tod aufgefunden; und Gewitter und Erdbe- ben ſo leicht veranſtalten koͤnnen, wie jezt Feuerwerke. — Armer ſchwebender Teufel, wie wuͤrde es da mit deiner Unſterblichkeit aus- ſehen, und du haſt wohlgethan daß du dich raſch aus dem Staube machteſt.“ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/139
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/139>, abgerufen am 24.11.2024.