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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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nen Laube das sie beschattet, und Flammen
und die Erinnerung an dich, wenn du schlum-
merst; aber die Brüder haben den Joseph ver-
stoßen, und verschließen tückisch die Gaben,
die du ihm, wie den andern Kindern reichst.
-- O die Brüder sind es nicht werth, daß Jo-
seph unter ihnen wandle! -- Er mag ent-
schlummern!

Da ist das Gesicht schon starr und kalt, und
der Schlaf hat die Bildsäule seinem Bruder
in die Arme gelegt; ich will sie hier aufrich-
ten, daß sie wie ein Schreckbild, wenn die
Sonne aufgeht, in den Tag schaue. -- O
mörderischer Tod, der Bettler hatte noch eine
Erinnerung an das Leben und die Liebe --
die braune Locke seines Weibes hier unter den
Lumpen auf der Brust; du hättest ihn nicht
würgen sollen, -- und doch --

Der Traum der Liebe.

Die Liebe ist nicht schön -- es ist nur der
Traum der Liebe der entzückt. Höre mein Ge-

12

nen Laube das ſie beſchattet, und Flammen
und die Erinnerung an dich, wenn du ſchlum-
merſt; aber die Bruͤder haben den Joſeph ver-
ſtoßen, und verſchließen tuͤckiſch die Gaben,
die du ihm, wie den andern Kindern reichſt.
— O die Bruͤder ſind es nicht werth, daß Jo-
ſeph unter ihnen wandle! — Er mag ent-
ſchlummern!

Da iſt das Geſicht ſchon ſtarr und kalt, und
der Schlaf hat die Bildſaͤule ſeinem Bruder
in die Arme gelegt; ich will ſie hier aufrich-
ten, daß ſie wie ein Schreckbild, wenn die
Sonne aufgeht, in den Tag ſchaue. — O
moͤrderiſcher Tod, der Bettler hatte noch eine
Erinnerung an das Leben und die Liebe —
die braune Locke ſeines Weibes hier unter den
Lumpen auf der Bruſt; du haͤtteſt ihn nicht
wuͤrgen ſollen, — und doch —

Der Traum der Liebe.

Die Liebe iſt nicht ſchoͤn — es iſt nur der
Traum der Liebe der entzuͤckt. Hoͤre mein Ge-

12
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[177/0179] nen Laube das ſie beſchattet, und Flammen und die Erinnerung an dich, wenn du ſchlum- merſt; aber die Bruͤder haben den Joſeph ver- ſtoßen, und verſchließen tuͤckiſch die Gaben, die du ihm, wie den andern Kindern reichſt. — O die Bruͤder ſind es nicht werth, daß Jo- ſeph unter ihnen wandle! — Er mag ent- ſchlummern! Da iſt das Geſicht ſchon ſtarr und kalt, und der Schlaf hat die Bildſaͤule ſeinem Bruder in die Arme gelegt; ich will ſie hier aufrich- ten, daß ſie wie ein Schreckbild, wenn die Sonne aufgeht, in den Tag ſchaue. — O moͤrderiſcher Tod, der Bettler hatte noch eine Erinnerung an das Leben und die Liebe — die braune Locke ſeines Weibes hier unter den Lumpen auf der Bruſt; du haͤtteſt ihn nicht wuͤrgen ſollen, — und doch — Der Traum der Liebe. Die Liebe iſt nicht ſchoͤn — es iſt nur der Traum der Liebe der entzuͤckt. Hoͤre mein Ge- 12

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/179>, abgerufen am 21.11.2024.