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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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"Erkennt ihr mich nicht für einen Geist
an;" -- rief ich noch zornig hinterdrein, in
der Hoffnung daß sie's vernähmen -- "und
doch war ich Poet, Bänkelsänger, Marionet-
tendirekteur und alles dergleichen Geistreiches
nach einander. Ich möchte doch Eure Geister
gekannt haben im Leben -- wenn ihr anders
wirklich bereits daraus seid! -- ob sich der
Meinige mit ihnen nicht hätte messen können;
oder habt ihr einen Zusatz von Geist erhalten
nach eurem Tode, wie wir das Beispiel bei
manchen großen Männern erfuhren, die erst
nach ihrem Tode berühmt wurden, und deren
Schriften durch das lange Liegen an Geist ge-
wannen; gleich dem Weine der mit dem zu-
nehmenden Alter geistreicher wird." --

Jezt war ich der Wohnung des exkommuni-
zirten Freigeistes bis auf einige Schritte nahe
gekommen. Aus der offenen Thür legte sich
ein matter Schein in die Nacht hinein, und
floß oft seltsam mit dem Wetterleuchten zu-

„Erkennt ihr mich nicht fuͤr einen Geiſt
an;“ — rief ich noch zornig hinterdrein, in
der Hoffnung daß ſie’s vernaͤhmen — „und
doch war ich Poet, Baͤnkelſaͤnger, Marionet-
tendirekteur und alles dergleichen Geiſtreiches
nach einander. Ich moͤchte doch Eure Geiſter
gekannt haben im Leben — wenn ihr anders
wirklich bereits daraus ſeid! — ob ſich der
Meinige mit ihnen nicht haͤtte meſſen koͤnnen;
oder habt ihr einen Zuſatz von Geiſt erhalten
nach eurem Tode, wie wir das Beiſpiel bei
manchen großen Maͤnnern erfuhren, die erſt
nach ihrem Tode beruͤhmt wurden, und deren
Schriften durch das lange Liegen an Geiſt ge-
wannen; gleich dem Weine der mit dem zu-
nehmenden Alter geiſtreicher wird.“ —

Jezt war ich der Wohnung des exkommuni-
zirten Freigeiſtes bis auf einige Schritte nahe
gekommen. Aus der offenen Thuͤr legte ſich
ein matter Schein in die Nacht hinein, und
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[16/0018] „Erkennt ihr mich nicht fuͤr einen Geiſt an;“ — rief ich noch zornig hinterdrein, in der Hoffnung daß ſie’s vernaͤhmen — „und doch war ich Poet, Baͤnkelſaͤnger, Marionet- tendirekteur und alles dergleichen Geiſtreiches nach einander. Ich moͤchte doch Eure Geiſter gekannt haben im Leben — wenn ihr anders wirklich bereits daraus ſeid! — ob ſich der Meinige mit ihnen nicht haͤtte meſſen koͤnnen; oder habt ihr einen Zuſatz von Geiſt erhalten nach eurem Tode, wie wir das Beiſpiel bei manchen großen Maͤnnern erfuhren, die erſt nach ihrem Tode beruͤhmt wurden, und deren Schriften durch das lange Liegen an Geiſt ge- wannen; gleich dem Weine der mit dem zu- nehmenden Alter geiſtreicher wird.“ — Jezt war ich der Wohnung des exkommuni- zirten Freigeiſtes bis auf einige Schritte nahe gekommen. Aus der offenen Thuͤr legte ſich ein matter Schein in die Nacht hinein, und floß oft ſeltſam mit dem Wetterleuchten zu-

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/18>, abgerufen am 21.11.2024.