Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

wie z. B. durch einen dem König Lear im
Affekte entfallenen Haarbeutel u. d. g. gestört
würden, zu sich zu bringen, und es gelang
mir in so weit, daß er sich auf den Grabhü-
gel niedersetzte, und sich dazu verstand den
falschen Haarzopf von mir wieder anheften zu
lassen. Während des Geschäftes versuchte ich
es ihn durch eine Apologie des Lebens zu be-
kehren, die er ruhig anhören mußte, weil
ich ihn bei den Haaren dazu hielt.

Apologie des Lebens.

Bei Gott, das Leben ist doch schön! --
Und was vermag Sie nur, junger Mensch,
daß sie es leichtfertig wie diesen Haarzopf von
sich schleudern wollen? -- Fassen Sie das
Band; ich will während des Wickelns so kurz
als möglich ihnen einige Schönheiten zu ent-
wickeln suchen. --

Was giebt es auf der Erde das Sie im
Himmel -- wenn anders außer dem Lufthim-

wie z. B. durch einen dem Koͤnig Lear im
Affekte entfallenen Haarbeutel u. d. g. geſtoͤrt
wuͤrden, zu ſich zu bringen, und es gelang
mir in ſo weit, daß er ſich auf den Grabhuͤ-
gel niederſetzte, und ſich dazu verſtand den
falſchen Haarzopf von mir wieder anheften zu
laſſen. Waͤhrend des Geſchaͤftes verſuchte ich
es ihn durch eine Apologie des Lebens zu be-
kehren, die er ruhig anhoͤren mußte, weil
ich ihn bei den Haaren dazu hielt.

Apologie des Lebens.

Bei Gott, das Leben iſt doch ſchoͤn! —
Und was vermag Sie nur, junger Menſch,
daß ſie es leichtfertig wie dieſen Haarzopf von
ſich ſchleudern wollen? — Faſſen Sie das
Band; ich will waͤhrend des Wickelns ſo kurz
als moͤglich ihnen einige Schoͤnheiten zu ent-
wickeln ſuchen. —

Was giebt es auf der Erde das Sie im
Himmel — wenn anders außer dem Lufthim-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="208"/>
wie z. B. durch einen dem Ko&#x0364;nig Lear im<lb/>
Affekte entfallenen Haarbeutel u. d. g. ge&#x017F;to&#x0364;rt<lb/>
wu&#x0364;rden, zu &#x017F;ich zu bringen, und es gelang<lb/>
mir in &#x017F;o weit, daß er &#x017F;ich auf den Grabhu&#x0364;-<lb/>
gel nieder&#x017F;etzte, und &#x017F;ich dazu ver&#x017F;tand den<lb/>
fal&#x017F;chen Haarzopf von mir wieder anheften zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Wa&#x0364;hrend des Ge&#x017F;cha&#x0364;ftes ver&#x017F;uchte ich<lb/>
es ihn durch eine Apologie des Lebens zu be-<lb/>
kehren, die er ruhig anho&#x0364;ren mußte, weil<lb/>
ich ihn bei den Haaren dazu hielt.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Apologie des Lebens.</hi> </hi> </p><lb/>
        <p>Bei Gott, das Leben i&#x017F;t doch &#x017F;cho&#x0364;n! &#x2014;<lb/>
Und was vermag Sie nur, junger Men&#x017F;ch,<lb/>
daß &#x017F;ie es leichtfertig wie die&#x017F;en Haarzopf von<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chleudern wollen? &#x2014; Fa&#x017F;&#x017F;en Sie das<lb/>
Band; ich will wa&#x0364;hrend des Wickelns &#x017F;o kurz<lb/>
als mo&#x0364;glich ihnen einige Scho&#x0364;nheiten zu ent-<lb/>
wickeln &#x017F;uchen. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Was giebt es auf der Erde das Sie im<lb/>
Himmel &#x2014; wenn anders außer dem Lufthim-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0210] wie z. B. durch einen dem Koͤnig Lear im Affekte entfallenen Haarbeutel u. d. g. geſtoͤrt wuͤrden, zu ſich zu bringen, und es gelang mir in ſo weit, daß er ſich auf den Grabhuͤ- gel niederſetzte, und ſich dazu verſtand den falſchen Haarzopf von mir wieder anheften zu laſſen. Waͤhrend des Geſchaͤftes verſuchte ich es ihn durch eine Apologie des Lebens zu be- kehren, die er ruhig anhoͤren mußte, weil ich ihn bei den Haaren dazu hielt. Apologie des Lebens. Bei Gott, das Leben iſt doch ſchoͤn! — Und was vermag Sie nur, junger Menſch, daß ſie es leichtfertig wie dieſen Haarzopf von ſich ſchleudern wollen? — Faſſen Sie das Band; ich will waͤhrend des Wickelns ſo kurz als moͤglich ihnen einige Schoͤnheiten zu ent- wickeln ſuchen. — Was giebt es auf der Erde das Sie im Himmel — wenn anders außer dem Lufthim-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/210
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/210>, abgerufen am 16.05.2024.