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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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Dreizehnte Nachtwache.


Ich stieg den Berg hinauf am Ausgange der
Stadt -- es war die Tag- und Nachtgleiche
des Frühlings, und draußen lag die alte Fee,
die Erde, und kochte ihre mitternächtlichen Zau-
berkräuter, um am Morgen nach abgeworfenem
Silberhaare und ausgeglätteten Runzeln, schön
umlockt und bekränzt als eine junge Nymphe
aufzustehen, und ihre neugebornen Kinder an
dem schwellenden Busen zu tragen. -- Unten
im Thale blies ein Hirte das Alphorn, und
die Töne sprachen so lockend von einem fernen
Lande, und von Liebe und Jugend und Hof-

Dreizehnte Nachtwache.


Ich ſtieg den Berg hinauf am Ausgange der
Stadt — es war die Tag- und Nachtgleiche
des Fruͤhlings, und draußen lag die alte Fee,
die Erde, und kochte ihre mitternaͤchtlichen Zau-
berkraͤuter, um am Morgen nach abgeworfenem
Silberhaare und ausgeglaͤtteten Runzeln, ſchoͤn
umlockt und bekraͤnzt als eine junge Nymphe
aufzuſtehen, und ihre neugebornen Kinder an
dem ſchwellenden Buſen zu tragen. — Unten
im Thale blies ein Hirte das Alphorn, und
die Toͤne ſprachen ſo lockend von einem fernen
Lande, und von Liebe und Jugend und Hof-

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[[217]/0219] Dreizehnte Nachtwache. Ich ſtieg den Berg hinauf am Ausgange der Stadt — es war die Tag- und Nachtgleiche des Fruͤhlings, und draußen lag die alte Fee, die Erde, und kochte ihre mitternaͤchtlichen Zau- berkraͤuter, um am Morgen nach abgeworfenem Silberhaare und ausgeglaͤtteten Runzeln, ſchoͤn umlockt und bekraͤnzt als eine junge Nymphe aufzuſtehen, und ihre neugebornen Kinder an dem ſchwellenden Buſen zu tragen. — Unten im Thale blies ein Hirte das Alphorn, und die Toͤne ſprachen ſo lockend von einem fernen Lande, und von Liebe und Jugend und Hof-

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. [217]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/219>, abgerufen am 24.11.2024.