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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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und Dillettanten mit brennenden Fackeln zo-
gen, um bei dem sich bewegenden Lichtscheine
die Todten drinnen möglichst lebendig sich ein-
zubilden. Ich habe auch dann und wann
meine Kunstlaunen, aus mehr oder minderer
Bosheit, und trete oft gern aus der großen
Kunstkammer in die kleine, um zu sehen wie
der Mensch, auch ohne den Haupttheil alles
Lebens, das Leben selbst, einblasen zu können,
doch recht artig etwas bildet und schnitzt, wo-
von er nachher meint, es gehe noch über die
Natur.

Ich folgte den Kennern und Dilettanten!

Und vor mir standen die steinernen Götter
als Krüppel ohne Arme und Beine, ja einige
gar mit fehlenden Häuptern; das Schönste und
Herrlichste, wozu die Menschenmaske sich je
ausgebildet hatte, der ganze Himmel eines
großen gesunkenen Geschlechts, als Leichnam
und Torso wieder ausgegraben aus Herkula-
num und dem Bette der Tiber. Ein Inva-
lidenhaus unsterblicher Götter und Helden,

und Dillettanten mit brennenden Fackeln zo-
gen, um bei dem ſich bewegenden Lichtſcheine
die Todten drinnen moͤglichſt lebendig ſich ein-
zubilden. Ich habe auch dann und wann
meine Kunſtlaunen, aus mehr oder minderer
Bosheit, und trete oft gern aus der großen
Kunſtkammer in die kleine, um zu ſehen wie
der Menſch, auch ohne den Haupttheil alles
Lebens, das Leben ſelbſt, einblaſen zu koͤnnen,
doch recht artig etwas bildet und ſchnitzt, wo-
von er nachher meint, es gehe noch uͤber die
Natur.

Ich folgte den Kennern und Dilettanten!

Und vor mir ſtanden die ſteinernen Goͤtter
als Kruͤppel ohne Arme und Beine, ja einige
gar mit fehlenden Haͤuptern; das Schoͤnſte und
Herrlichſte, wozu die Menſchenmaske ſich je
ausgebildet hatte, der ganze Himmel eines
großen geſunkenen Geſchlechts, als Leichnam
und Torſo wieder ausgegraben aus Herkula-
num und dem Bette der Tiber. Ein Inva-
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[221/0223] und Dillettanten mit brennenden Fackeln zo- gen, um bei dem ſich bewegenden Lichtſcheine die Todten drinnen moͤglichſt lebendig ſich ein- zubilden. Ich habe auch dann und wann meine Kunſtlaunen, aus mehr oder minderer Bosheit, und trete oft gern aus der großen Kunſtkammer in die kleine, um zu ſehen wie der Menſch, auch ohne den Haupttheil alles Lebens, das Leben ſelbſt, einblaſen zu koͤnnen, doch recht artig etwas bildet und ſchnitzt, wo- von er nachher meint, es gehe noch uͤber die Natur. Ich folgte den Kennern und Dilettanten! Und vor mir ſtanden die ſteinernen Goͤtter als Kruͤppel ohne Arme und Beine, ja einige gar mit fehlenden Haͤuptern; das Schoͤnſte und Herrlichſte, wozu die Menſchenmaske ſich je ausgebildet hatte, der ganze Himmel eines großen geſunkenen Geſchlechts, als Leichnam und Torſo wieder ausgegraben aus Herkula- num und dem Bette der Tiber. Ein Inva- lidenhaus unſterblicher Goͤtter und Helden,

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/223>, abgerufen am 24.11.2024.