dieser arme Kopf gethan, daß ihr so mit ihm umspringt; er ist das mechanischste Ding auf der Welt und es wohnt nicht einmal ein Ge- danke in ihm. Fordert doch von diesem Kopfe keine Freiheit, da er selbst nichts Analoges davon in sich enthält. -- Auch ist es ein miß- liches Ding um das, was ihr Freiheit schel- tet, ist es doch nicht das Marionettenspiel allein, was ihr heute gesehen habt, wo dem hölzernen Könige der Kopf ohne weiteren Er- folg vom Rumpfe geschlagen wird, sondern ich habe dergleichen von noch fehlerhafterer Natur in meinem Kasten, wo der Dichter dem Stoffe nicht gewachsen war, und er nach Art politi- scher Poeten, die Republick an der er dichtete, zu einer Despotie verpfuschte. Ich kann der- gleichen vor euch aufführen! -- Unrecht bleibt es auch immer solche widernatürliche Strafen zu exerziren, als z. B. da auf das Köpfen zu bestehen, wo sich kein Kopf vorfindet, denn dieser hölzerne ist nur blos für das Auge da, und zum Glücke verstehe ich es, ihn wieder
dieſer arme Kopf gethan, daß ihr ſo mit ihm umſpringt; er iſt das mechaniſchſte Ding auf der Welt und es wohnt nicht einmal ein Ge- danke in ihm. Fordert doch von dieſem Kopfe keine Freiheit, da er ſelbſt nichts Analoges davon in ſich enthaͤlt. — Auch iſt es ein miß- liches Ding um das, was ihr Freiheit ſchel- tet, iſt es doch nicht das Marionettenſpiel allein, was ihr heute geſehen habt, wo dem hoͤlzernen Koͤnige der Kopf ohne weiteren Er- folg vom Rumpfe geſchlagen wird, ſondern ich habe dergleichen von noch fehlerhafterer Natur in meinem Kaſten, wo der Dichter dem Stoffe nicht gewachſen war, und er nach Art politi- ſcher Poeten, die Republick an der er dichtete, zu einer Despotie verpfuſchte. Ich kann der- gleichen vor euch auffuͤhren! — Unrecht bleibt es auch immer ſolche widernatuͤrliche Strafen zu exerziren, als z. B. da auf das Koͤpfen zu beſtehen, wo ſich kein Kopf vorfindet, denn dieſer hoͤlzerne iſt nur blos fuͤr das Auge da, und zum Gluͤcke verſtehe ich es, ihn wieder
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0268"n="266"/>
dieſer arme Kopf gethan, daß ihr ſo mit ihm<lb/>
umſpringt; er iſt das mechaniſchſte Ding auf<lb/>
der Welt und es wohnt nicht einmal ein Ge-<lb/>
danke in ihm. Fordert doch von dieſem Kopfe<lb/>
keine Freiheit, da er ſelbſt nichts Analoges<lb/>
davon in ſich enthaͤlt. — Auch iſt es ein miß-<lb/>
liches Ding um das, was ihr Freiheit ſchel-<lb/>
tet, iſt es doch nicht das Marionettenſpiel<lb/>
allein, was ihr heute geſehen habt, wo dem<lb/>
hoͤlzernen Koͤnige der Kopf ohne weiteren Er-<lb/>
folg vom Rumpfe geſchlagen wird, ſondern ich<lb/>
habe dergleichen von noch fehlerhafterer Natur<lb/>
in meinem Kaſten, wo der Dichter dem Stoffe<lb/>
nicht gewachſen war, und er nach Art politi-<lb/>ſcher Poeten, die Republick an der er dichtete,<lb/>
zu einer Despotie verpfuſchte. Ich kann der-<lb/>
gleichen vor euch auffuͤhren! — Unrecht bleibt<lb/>
es auch immer ſolche widernatuͤrliche Strafen<lb/>
zu exerziren, als z. B. da auf das Koͤpfen zu<lb/>
beſtehen, wo ſich kein Kopf vorfindet, denn<lb/>
dieſer hoͤlzerne iſt nur blos fuͤr das Auge da,<lb/>
und zum Gluͤcke verſtehe ich es, ihn wieder<lb/></p></div></body></text></TEI>
[266/0268]
dieſer arme Kopf gethan, daß ihr ſo mit ihm
umſpringt; er iſt das mechaniſchſte Ding auf
der Welt und es wohnt nicht einmal ein Ge-
danke in ihm. Fordert doch von dieſem Kopfe
keine Freiheit, da er ſelbſt nichts Analoges
davon in ſich enthaͤlt. — Auch iſt es ein miß-
liches Ding um das, was ihr Freiheit ſchel-
tet, iſt es doch nicht das Marionettenſpiel
allein, was ihr heute geſehen habt, wo dem
hoͤlzernen Koͤnige der Kopf ohne weiteren Er-
folg vom Rumpfe geſchlagen wird, ſondern ich
habe dergleichen von noch fehlerhafterer Natur
in meinem Kaſten, wo der Dichter dem Stoffe
nicht gewachſen war, und er nach Art politi-
ſcher Poeten, die Republick an der er dichtete,
zu einer Despotie verpfuſchte. Ich kann der-
gleichen vor euch auffuͤhren! — Unrecht bleibt
es auch immer ſolche widernatuͤrliche Strafen
zu exerziren, als z. B. da auf das Koͤpfen zu
beſtehen, wo ſich kein Kopf vorfindet, denn
dieſer hoͤlzerne iſt nur blos fuͤr das Auge da,
und zum Gluͤcke verſtehe ich es, ihn wieder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/268>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.