Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber den Kopf zerbrach man sich am mei-
sten die Köpfe, war es doch kein gewöhnlicher,
sondern ein wahrhaftes Teufelshaupt. Die
Justiz, der es vorgelegt wurde, wies die
Sache von sich, indem sie äußerte, daß die
Köpfe eben nicht in ihr Fach schlügen. Es
war in der That ein böser Handel und man
gerieth sogar in Streit darüber, ob man gegen
den Soldat criminaliter verfahren, indem er
einen Todschlag begangen, oder ihn vielmehr
kanonisiren müsse, weil der Erschlagene der
Teufel. Aus dem leztern entsprang wieder
ein neues Uebel; es wurde nemlich in meh-
reren Monaten keine Absolution mehr begehrt,
weil man den Teufel jezt geradezu läugnete
und sich auf den in Verwahrung genommenen
Kopf berief. Die Pfaffen schrien sich von den
Kanzeln heiser und behaupteten ohne weiteres,
daß ein Teufel auch ohne Kopf bestehen könne,
wovon sie Beweisgründe, aus ihren eigenen
Mitteln, anzuführen, erböthig wären.

Aus dem Kopfe selbst konnte man in der

Ueber den Kopf zerbrach man ſich am mei-
ſten die Koͤpfe, war es doch kein gewoͤhnlicher,
ſondern ein wahrhaftes Teufelshaupt. Die
Juſtiz, der es vorgelegt wurde, wies die
Sache von ſich, indem ſie aͤußerte, daß die
Koͤpfe eben nicht in ihr Fach ſchluͤgen. Es
war in der That ein boͤſer Handel und man
gerieth ſogar in Streit daruͤber, ob man gegen
den Soldat criminaliter verfahren, indem er
einen Todſchlag begangen, oder ihn vielmehr
kanoniſiren muͤſſe, weil der Erſchlagene der
Teufel. Aus dem leztern entſprang wieder
ein neues Uebel; es wurde nemlich in meh-
reren Monaten keine Abſolution mehr begehrt,
weil man den Teufel jezt geradezu laͤugnete
und ſich auf den in Verwahrung genommenen
Kopf berief. Die Pfaffen ſchrien ſich von den
Kanzeln heiſer und behaupteten ohne weiteres,
daß ein Teufel auch ohne Kopf beſtehen koͤnne,
wovon ſie Beweisgruͤnde, aus ihren eigenen
Mitteln, anzufuͤhren, erboͤthig waͤren.

Aus dem Kopfe ſelbſt konnte man in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0027" n="25"/>
        <p>Ueber den Kopf zerbrach man &#x017F;ich am mei-<lb/>
&#x017F;ten die Ko&#x0364;pfe, war es doch kein gewo&#x0364;hnlicher,<lb/>
&#x017F;ondern ein wahrhaftes Teufelshaupt. Die<lb/>
Ju&#x017F;tiz, der es vorgelegt wurde, wies die<lb/>
Sache von &#x017F;ich, indem &#x017F;ie a&#x0364;ußerte, daß die<lb/>
Ko&#x0364;pfe eben nicht in ihr Fach &#x017F;chlu&#x0364;gen. Es<lb/>
war in der That ein bo&#x0364;&#x017F;er Handel und man<lb/>
gerieth &#x017F;ogar in Streit daru&#x0364;ber, ob man gegen<lb/>
den Soldat <hi rendition="#aq">criminaliter</hi> verfahren, indem er<lb/>
einen Tod&#x017F;chlag begangen, oder ihn vielmehr<lb/>
kanoni&#x017F;iren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, weil der Er&#x017F;chlagene der<lb/>
Teufel. Aus dem leztern ent&#x017F;prang wieder<lb/>
ein neues Uebel; es wurde nemlich in meh-<lb/>
reren Monaten keine Ab&#x017F;olution mehr begehrt,<lb/>
weil man den Teufel jezt geradezu la&#x0364;ugnete<lb/>
und &#x017F;ich auf den in Verwahrung genommenen<lb/>
Kopf berief. Die Pfaffen &#x017F;chrien &#x017F;ich von den<lb/>
Kanzeln hei&#x017F;er und behaupteten ohne weiteres,<lb/>
daß ein Teufel auch ohne Kopf be&#x017F;tehen ko&#x0364;nne,<lb/>
wovon &#x017F;ie Beweisgru&#x0364;nde, aus ihren eigenen<lb/>
Mitteln, anzufu&#x0364;hren, erbo&#x0364;thig wa&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Aus dem Kopfe &#x017F;elb&#x017F;t konnte man in der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0027] Ueber den Kopf zerbrach man ſich am mei- ſten die Koͤpfe, war es doch kein gewoͤhnlicher, ſondern ein wahrhaftes Teufelshaupt. Die Juſtiz, der es vorgelegt wurde, wies die Sache von ſich, indem ſie aͤußerte, daß die Koͤpfe eben nicht in ihr Fach ſchluͤgen. Es war in der That ein boͤſer Handel und man gerieth ſogar in Streit daruͤber, ob man gegen den Soldat criminaliter verfahren, indem er einen Todſchlag begangen, oder ihn vielmehr kanoniſiren muͤſſe, weil der Erſchlagene der Teufel. Aus dem leztern entſprang wieder ein neues Uebel; es wurde nemlich in meh- reren Monaten keine Abſolution mehr begehrt, weil man den Teufel jezt geradezu laͤugnete und ſich auf den in Verwahrung genommenen Kopf berief. Die Pfaffen ſchrien ſich von den Kanzeln heiſer und behaupteten ohne weiteres, daß ein Teufel auch ohne Kopf beſtehen koͤnne, wovon ſie Beweisgruͤnde, aus ihren eigenen Mitteln, anzufuͤhren, erboͤthig waͤren. Aus dem Kopfe ſelbſt konnte man in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/27
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/27>, abgerufen am 23.11.2024.