hatte bis jezt nur an einen poetischen Teufel geglaubt, keinesweges aber an den wirklichen. Was den poetischen anbetrifft, so ist es gewiß sehr schade, daß man ihn jezt so äußerst ver- nachlässiget, und statt eines absolut bösen Prinzips, lieber die tugendhaften Bösewichter, in Ifland- und Kotzebuescher Manier, vorzieht, in denen der Teufel vermenschlicht, und der Mensch verteufelt erscheint. In einem schwan- kenden Zeitalter scheut man alles Absolute und Selbstständige; deshalb mögen wir denn auch weder ächten Spaß, noch ächten Ernst, weder ächte Tugend noch ächte Bosheit mehr leiden. Der Zeitkarakter ist zusammengeflikt und ge- stoppelt wie eine Narrenjakke, und was das Aergste dabei ist -- der Narr, der darin stekt, mögte ernsthaft scheinen. --
Als ich diese Betrachtungen anstellte, hatte ich mich in eine Nische vor einen steinernen Crispinus gestellt, der eben einen solchen grauen Mantel trug, als ich. Da bewegten
hatte bis jezt nur an einen poetiſchen Teufel geglaubt, keinesweges aber an den wirklichen. Was den poetiſchen anbetrifft, ſo iſt es gewiß ſehr ſchade, daß man ihn jezt ſo aͤußerſt ver- nachlaͤſſiget, und ſtatt eines abſolut boͤſen Prinzips, lieber die tugendhaften Boͤſewichter, in Ifland- und Kotzebueſcher Manier, vorzieht, in denen der Teufel vermenſchlicht, und der Menſch verteufelt erſcheint. In einem ſchwan- kenden Zeitalter ſcheut man alles Abſolute und Selbſtſtaͤndige; deshalb moͤgen wir denn auch weder aͤchten Spaß, noch aͤchten Ernſt, weder aͤchte Tugend noch aͤchte Bosheit mehr leiden. Der Zeitkarakter iſt zuſammengeflikt und ge- ſtoppelt wie eine Narrenjakke, und was das Aergſte dabei iſt — der Narr, der darin ſtekt, moͤgte ernſthaft ſcheinen. —
Als ich dieſe Betrachtungen anſtellte, hatte ich mich in eine Niſche vor einen ſteinernen Criſpinus geſtellt, der eben einen ſolchen grauen Mantel trug, als ich. Da bewegten
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hatte bis jezt nur an einen poetiſchen Teufel
geglaubt, keinesweges aber an den wirklichen.
Was den poetiſchen anbetrifft, ſo iſt es gewiß
ſehr ſchade, daß man ihn jezt ſo aͤußerſt ver-
nachlaͤſſiget, und ſtatt eines abſolut boͤſen
Prinzips, lieber die tugendhaften Boͤſewichter,
in Ifland- und Kotzebueſcher Manier, vorzieht,
in denen der Teufel vermenſchlicht, und der
Menſch verteufelt erſcheint. In einem ſchwan-
kenden Zeitalter ſcheut man alles Abſolute und
Selbſtſtaͤndige; deshalb moͤgen wir denn auch
weder aͤchten Spaß, noch aͤchten Ernſt, weder
aͤchte Tugend noch aͤchte Bosheit mehr leiden.
Der Zeitkarakter iſt zuſammengeflikt und ge-
ſtoppelt wie eine Narrenjakke, und was das
Aergſte dabei iſt — der Narr, der darin ſtekt,
moͤgte ernſthaft ſcheinen. —
Als ich dieſe Betrachtungen anſtellte, hatte
ich mich in eine Niſche vor einen ſteinernen
Criſpinus geſtellt, der eben einen ſolchen
grauen Mantel trug, als ich. Da bewegten
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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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