Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

den Köpfen der Menschen einzuprägen ge-
sucht, das nun an den Kräften ihres Gei-
stes zehrt, wie der Krebs am angesteckten
Fleische; oder ist es ein Zug neuer Charla-
tanerie, den Menschen durch den Köder der
Eitelkeit an dich zu ziehen, und deine sonsti-
ge Schwärmerey mehr auszubreiten? Es
hat einst auch Menschen gegeben, die es
wagten, von dem Aeußeren des Menschen
auf sein Innres zu schließen, (das im Vor-
beygehen gesagt tiefer liegt, als der Mittel-
punkt der Erde) aber es waren andere Ker-
le wie du. Sie hatten doch wohl einen
Theil des Erdbodens durchlaufen, waren
unter Erfahrungen grau geworden, hatten
mit Menschen gehandelt und gewandelt, mit
mehr als einem Weibe geschlafen, die
Schlupfwinkel des Lasters und der Ueppig-
keit durchkrochen. Stiegen aus dem Pallast
in die Hütte, krochen in die Höhlen der Wil-
den, und wußten, was ohngefähr zu einem
wackren Kerl gehört, was er leisten kann,
und was man seiner Natur nach, an ihn

fordern

den Koͤpfen der Menſchen einzupraͤgen ge-
ſucht, das nun an den Kraͤften ihres Gei-
ſtes zehrt, wie der Krebs am angeſteckten
Fleiſche; oder iſt es ein Zug neuer Charla-
tanerie, den Menſchen durch den Koͤder der
Eitelkeit an dich zu ziehen, und deine ſonſti-
ge Schwaͤrmerey mehr auszubreiten? Es
hat einſt auch Menſchen gegeben, die es
wagten, von dem Aeußeren des Menſchen
auf ſein Innres zu ſchließen, (das im Vor-
beygehen geſagt tiefer liegt, als der Mittel-
punkt der Erde) aber es waren andere Ker-
le wie du. Sie hatten doch wohl einen
Theil des Erdbodens durchlaufen, waren
unter Erfahrungen grau geworden, hatten
mit Menſchen gehandelt und gewandelt, mit
mehr als einem Weibe geſchlafen, die
Schlupfwinkel des Laſters und der Ueppig-
keit durchkrochen. Stiegen aus dem Pallaſt
in die Huͤtte, krochen in die Hoͤhlen der Wil-
den, und wußten, was ohngefaͤhr zu einem
wackren Kerl gehoͤrt, was er leiſten kann,
und was man ſeiner Natur nach, an ihn

fordern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="234"/>
den Ko&#x0364;pfen der Men&#x017F;chen einzupra&#x0364;gen ge-<lb/>
&#x017F;ucht, das nun an den Kra&#x0364;ften ihres Gei-<lb/>
&#x017F;tes zehrt, wie der Krebs am ange&#x017F;teckten<lb/>
Flei&#x017F;che; oder i&#x017F;t es ein Zug neuer Charla-<lb/>
tanerie, den Men&#x017F;chen durch den Ko&#x0364;der der<lb/>
Eitelkeit an dich zu ziehen, und deine &#x017F;on&#x017F;ti-<lb/>
ge Schwa&#x0364;rmerey mehr auszubreiten? Es<lb/>
hat ein&#x017F;t auch Men&#x017F;chen gegeben, die es<lb/>
wagten, von dem Aeußeren des Men&#x017F;chen<lb/>
auf &#x017F;ein Innres zu &#x017F;chließen, (das im Vor-<lb/>
beygehen ge&#x017F;agt tiefer liegt, als der Mittel-<lb/>
punkt der Erde) aber es waren andere Ker-<lb/>
le wie du. Sie hatten doch wohl einen<lb/>
Theil des Erdbodens durchlaufen, waren<lb/>
unter Erfahrungen grau geworden, hatten<lb/>
mit Men&#x017F;chen gehandelt und gewandelt, mit<lb/>
mehr als einem Weibe ge&#x017F;chlafen, die<lb/>
Schlupfwinkel des La&#x017F;ters und der Ueppig-<lb/>
keit durchkrochen. Stiegen aus dem Palla&#x017F;t<lb/>
in die Hu&#x0364;tte, krochen in die Ho&#x0364;hlen der Wil-<lb/>
den, und wußten, was ohngefa&#x0364;hr zu einem<lb/>
wackren Kerl geho&#x0364;rt, was er lei&#x017F;ten kann,<lb/>
und was man &#x017F;einer Natur nach, an ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fordern</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0245] den Koͤpfen der Menſchen einzupraͤgen ge- ſucht, das nun an den Kraͤften ihres Gei- ſtes zehrt, wie der Krebs am angeſteckten Fleiſche; oder iſt es ein Zug neuer Charla- tanerie, den Menſchen durch den Koͤder der Eitelkeit an dich zu ziehen, und deine ſonſti- ge Schwaͤrmerey mehr auszubreiten? Es hat einſt auch Menſchen gegeben, die es wagten, von dem Aeußeren des Menſchen auf ſein Innres zu ſchließen, (das im Vor- beygehen geſagt tiefer liegt, als der Mittel- punkt der Erde) aber es waren andere Ker- le wie du. Sie hatten doch wohl einen Theil des Erdbodens durchlaufen, waren unter Erfahrungen grau geworden, hatten mit Menſchen gehandelt und gewandelt, mit mehr als einem Weibe geſchlafen, die Schlupfwinkel des Laſters und der Ueppig- keit durchkrochen. Stiegen aus dem Pallaſt in die Huͤtte, krochen in die Hoͤhlen der Wil- den, und wußten, was ohngefaͤhr zu einem wackren Kerl gehoͤrt, was er leiſten kann, und was man ſeiner Natur nach, an ihn fordern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/245
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/245>, abgerufen am 21.11.2024.