daß es Wahn ist, der euch in allem leitet, euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer- bricht, und euch wiederum neue schmiedet. So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her- um, und ihr seyd verdammt, immer den Schatten für das Wesen zu ergreifen.
Faust. Fasse es, wer da kann! er schlug wider seine Stirne, und seine Brust. Dieses hier, und dieses da, stehen im Widerspruch mit allem was ich sehe, ver- nehme und fühle. Finstre Gedanken, wie plagende Dämonen der Nacht, ziehen in meinem Gehirne herum, und oft dünkt mich, die moralische Welt würde von eben einem solchen Dinge beherrscht, wie dieser Elende eines ist. Er mordet ohne Form und Recht, und so wird der Mensch gleich dem Stier gefällt, ohne zu wissen warum er bluten muß.
Faust fuhr in dieser Laune fort, und spann seine dunkle Gedanken und Gefühle, bis ins Abscheuliche aus. Der Teufel ergötzte sich, da er ihn seinem Zwecke nahen sahe, stimmte ihn
zu
Fausts Leben. T
daß es Wahn iſt, der euch in allem leitet, euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer- bricht, und euch wiederum neue ſchmiedet. So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her- um, und ihr ſeyd verdammt, immer den Schatten fuͤr das Weſen zu ergreifen.
Fauſt. Faſſe es, wer da kann! er ſchlug wider ſeine Stirne, und ſeine Bruſt. Dieſes hier, und dieſes da, ſtehen im Widerſpruch mit allem was ich ſehe, ver- nehme und fuͤhle. Finſtre Gedanken, wie plagende Daͤmonen der Nacht, ziehen in meinem Gehirne herum, und oft duͤnkt mich, die moraliſche Welt wuͤrde von eben einem ſolchen Dinge beherrſcht, wie dieſer Elende eines iſt. Er mordet ohne Form und Recht, und ſo wird der Menſch gleich dem Stier gefaͤllt, ohne zu wiſſen warum er bluten muß.
Fauſt fuhr in dieſer Laune fort, und ſpann ſeine dunkle Gedanken und Gefuͤhle, bis ins Abſcheuliche aus. Der Teufel ergoͤtzte ſich, da er ihn ſeinem Zwecke nahen ſahe, ſtimmte ihn
zu
Fauſts Leben. T
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0300"n="289"/>
daß es Wahn iſt, der euch in allem leitet,<lb/>
euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer-<lb/>
bricht, und euch wiederum neue ſchmiedet.<lb/>
So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her-<lb/>
um, und ihr ſeyd verdammt, immer den<lb/>
Schatten fuͤr das Weſen zu ergreifen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Fauſt</hi>. Faſſe es, wer da kann! <hirendition="#g">er ſchlug<lb/>
wider ſeine Stirne, und ſeine<lb/>
Bruſt</hi>. Dieſes hier, und dieſes da, ſtehen<lb/>
im Widerſpruch mit allem was ich ſehe, ver-<lb/>
nehme und fuͤhle. Finſtre Gedanken, wie<lb/>
plagende Daͤmonen der Nacht, ziehen in<lb/>
meinem Gehirne herum, und oft duͤnkt mich,<lb/>
die moraliſche Welt wuͤrde von eben einem<lb/>ſolchen Dinge beherrſcht, wie dieſer Elende<lb/>
eines iſt. Er mordet ohne Form und Recht,<lb/>
und ſo wird der Menſch gleich dem Stier<lb/>
gefaͤllt, ohne zu wiſſen warum er bluten<lb/>
muß.</p><lb/><p>Fauſt fuhr in dieſer Laune fort, und ſpann<lb/>ſeine dunkle Gedanken und Gefuͤhle, bis ins<lb/>
Abſcheuliche aus. Der Teufel ergoͤtzte ſich, da<lb/>
er ihn ſeinem Zwecke nahen ſahe, ſtimmte ihn<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Fauſts Leben.</hi> T</fw><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[289/0300]
daß es Wahn iſt, der euch in allem leitet,
euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer-
bricht, und euch wiederum neue ſchmiedet.
So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her-
um, und ihr ſeyd verdammt, immer den
Schatten fuͤr das Weſen zu ergreifen.
Fauſt. Faſſe es, wer da kann! er ſchlug
wider ſeine Stirne, und ſeine
Bruſt. Dieſes hier, und dieſes da, ſtehen
im Widerſpruch mit allem was ich ſehe, ver-
nehme und fuͤhle. Finſtre Gedanken, wie
plagende Daͤmonen der Nacht, ziehen in
meinem Gehirne herum, und oft duͤnkt mich,
die moraliſche Welt wuͤrde von eben einem
ſolchen Dinge beherrſcht, wie dieſer Elende
eines iſt. Er mordet ohne Form und Recht,
und ſo wird der Menſch gleich dem Stier
gefaͤllt, ohne zu wiſſen warum er bluten
muß.
Fauſt fuhr in dieſer Laune fort, und ſpann
ſeine dunkle Gedanken und Gefuͤhle, bis ins
Abſcheuliche aus. Der Teufel ergoͤtzte ſich, da
er ihn ſeinem Zwecke nahen ſahe, ſtimmte ihn
zu
Fauſts Leben. T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/300>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.