die Flammen, stellten das Zertüttete her, und arbeiteten, unter Verfolgung und Tod, mit solchem Eifer, daß trotz der Wuth und dem Haß ihrer Feinde, ein großer, herrli- cher, edler Tempel emporstieg. Der Sturm legte sich, und helle sanfte Heiterkeit ergoß sich über die ganze Insel. Hierauf heilte der Genius die Verwundeten, tröstete die Müden, prieß die tapfern Streiter, und führte sie unter Siegesgesängen in den Tem- pel ein. Ihre Feinde stunden betäubt vor dem Riesenwerk, und zogen sich, nachdem sie vergebens versucht hatten, dessen Veste zu erschüttern, ergrimmt zurück. Faust be- fand sich nun selbst auf der Insel. Das Feld um den erhabenen Tempel war mit Leichen der Erschlagenen von allen Altern, beyder Geschlechter bedeckt, und diejenigen die aus den Zauberbechern getrunken hatten, giengen kalt unter den Todten herum, ver- nünftelten, spotteten und kritisirten über die Bauart des Tempels, maßen seine Höhe und Breite, um seine Verhältnisse zu berech-
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die Flammen, ſtellten das Zertuͤttete her, und arbeiteten, unter Verfolgung und Tod, mit ſolchem Eifer, daß trotz der Wuth und dem Haß ihrer Feinde, ein großer, herrli- cher, edler Tempel emporſtieg. Der Sturm legte ſich, und helle ſanfte Heiterkeit ergoß ſich uͤber die ganze Inſel. Hierauf heilte der Genius die Verwundeten, troͤſtete die Muͤden, prieß die tapfern Streiter, und fuͤhrte ſie unter Siegesgeſaͤngen in den Tem- pel ein. Ihre Feinde ſtunden betaͤubt vor dem Rieſenwerk, und zogen ſich, nachdem ſie vergebens verſucht hatten, deſſen Veſte zu erſchuͤttern, ergrimmt zuruͤck. Fauſt be- fand ſich nun ſelbſt auf der Inſel. Das Feld um den erhabenen Tempel war mit Leichen der Erſchlagenen von allen Altern, beyder Geſchlechter bedeckt, und diejenigen die aus den Zauberbechern getrunken hatten, giengen kalt unter den Todten herum, ver- nuͤnftelten, ſpotteten und kritiſirten uͤber die Bauart des Tempels, maßen ſeine Hoͤhe und Breite, um ſeine Verhaͤltniſſe zu berech-
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die Flammen, ſtellten das Zertuͤttete her,
und arbeiteten, unter Verfolgung und Tod,
mit ſolchem Eifer, daß trotz der Wuth und
dem Haß ihrer Feinde, ein großer, herrli-
cher, edler Tempel emporſtieg. Der Sturm
legte ſich, und helle ſanfte Heiterkeit ergoß
ſich uͤber die ganze Inſel. Hierauf heilte
der Genius die Verwundeten, troͤſtete die
Muͤden, prieß die tapfern Streiter, und
fuͤhrte ſie unter Siegesgeſaͤngen in den Tem-
pel ein. Ihre Feinde ſtunden betaͤubt vor
dem Rieſenwerk, und zogen ſich, nachdem
ſie vergebens verſucht hatten, deſſen Veſte
zu erſchuͤttern, ergrimmt zuruͤck. Fauſt be-
fand ſich nun ſelbſt auf der Inſel. Das
Feld um den erhabenen Tempel war mit
Leichen der Erſchlagenen von allen Altern,
beyder Geſchlechter bedeckt, und diejenigen
die aus den Zauberbechern getrunken hatten,
giengen kalt unter den Todten herum, ver-
nuͤnftelten, ſpotteten und kritiſirten uͤber
die Bauart des Tempels, maßen ſeine Hoͤhe
und Breite, um ſeine Verhaͤltniſſe zu berech-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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