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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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heuren Alpen lagen vor ihm, die aufgehen-
de Sonne vergoldete nun eben ihre Spitzen,
und dieses Bild schien ihm eine Dollmei-
schung seines Gefühls. Er versank in tiefe
Betrachtungen, das Luftgebäude seines
Stolzes fiel zusammen, und die schlummern-
den Empfindungen seiner Jugend schossen
hervor, um seine Quaal zu vermehren. Der
Gedanke, sein Leben dem Wahn geopfert,
die Kraft seines Geists nicht genüzt, in dem
Strudel der Wollust, in dem Geräusche der
Welt verbraust zu haben, drang durch seine
Seele. Er bebte vor der Enthüllung des
nächtlichen Gesichts zurück, schon arbeitete
sein Geist an der Deutung der Bilder, als
sein Herz ihn ins Dunkel zurücktrieb:

"Woher kamen nun diese Ungeheuer, die
"die fleißigen Arbeiter überfielen? Wer be-
"rechtigte sie zu dem Frevel, sie in ihrer Ar-
"beit zu stöhren, und sie unter ihrem edlen
"Tagwerk zu ermorden? Wer ließ es zu?
"Wollte, konnte er's nicht hindern, der es
"zuließ? Wenn ich die Bilder des Gesichts

"recht

heuren Alpen lagen vor ihm, die aufgehen-
de Sonne vergoldete nun eben ihre Spitzen,
und dieſes Bild ſchien ihm eine Dollmei-
ſchung ſeines Gefuͤhls. Er verſank in tiefe
Betrachtungen, das Luftgebaͤude ſeines
Stolzes fiel zuſammen, und die ſchlummern-
den Empfindungen ſeiner Jugend ſchoſſen
hervor, um ſeine Quaal zu vermehren. Der
Gedanke, ſein Leben dem Wahn geopfert,
die Kraft ſeines Geiſts nicht genuͤzt, in dem
Strudel der Wolluſt, in dem Geraͤuſche der
Welt verbrauſt zu haben, drang durch ſeine
Seele. Er bebte vor der Enthuͤllung des
naͤchtlichen Geſichts zuruͤck, ſchon arbeitete
ſein Geiſt an der Deutung der Bilder, als
ſein Herz ihn ins Dunkel zuruͤcktrieb:

„Woher kamen nun dieſe Ungeheuer, die
„die fleißigen Arbeiter uͤberfielen? Wer be-
„rechtigte ſie zu dem Frevel, ſie in ihrer Ar-
„beit zu ſtoͤhren, und ſie unter ihrem edlen
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[366/0377] heuren Alpen lagen vor ihm, die aufgehen- de Sonne vergoldete nun eben ihre Spitzen, und dieſes Bild ſchien ihm eine Dollmei- ſchung ſeines Gefuͤhls. Er verſank in tiefe Betrachtungen, das Luftgebaͤude ſeines Stolzes fiel zuſammen, und die ſchlummern- den Empfindungen ſeiner Jugend ſchoſſen hervor, um ſeine Quaal zu vermehren. Der Gedanke, ſein Leben dem Wahn geopfert, die Kraft ſeines Geiſts nicht genuͤzt, in dem Strudel der Wolluſt, in dem Geraͤuſche der Welt verbrauſt zu haben, drang durch ſeine Seele. Er bebte vor der Enthuͤllung des naͤchtlichen Geſichts zuruͤck, ſchon arbeitete ſein Geiſt an der Deutung der Bilder, als ſein Herz ihn ins Dunkel zuruͤcktrieb: „Woher kamen nun dieſe Ungeheuer, die „die fleißigen Arbeiter uͤberfielen? Wer be- „rechtigte ſie zu dem Frevel, ſie in ihrer Ar- „beit zu ſtoͤhren, und ſie unter ihrem edlen „Tagwerk zu ermorden? Wer ließ es zu? „Wollte, konnte er’s nicht hindern, der es „zuließ? Wenn ich die Bilder des Geſichts „recht

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/377>, abgerufen am 25.11.2024.