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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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mit dir halten, und du sollst eines Todes
sterben, wie ihn kein Sterblicher gelitten
hat. Ich will deine bebende Seele herum-
zerren, bis du dastehest, ein erstarrtes Bild
der Verzweiflung.

5.

Der Teufel ergriff den Jammernden, flog
mit ihm nach Mainz, zeigte ihm sein Weib
und zwey Kinder, mit Lumpen bedeckt, vor
dem Franziskanerkloster sitzen, um die ekel-
haften Ueberbleibsel des Nachtessens dieser
Mönche abzuwarten. Als die Mutter
Fausten erblickte', schrie sie: "Ach Gott,
"Faust, euer Vater!" deckte ihre Augen
mit ihren Händen zu, und sank in Ohn-
macht. Die Kinder liefen zu ihm, hingen
sich an ihn, und schrien um Brod.

Faust. Teufel, gebiete über mein Schick-
sal, laß es schrecklicher seyn, als es das
Herz des Menschen tragen und fassen kann,
nur gieb diesen Elenden, und errette sie vor
Schande und Hunger!

Teufel.

mit dir halten, und du ſollſt eines Todes
ſterben, wie ihn kein Sterblicher gelitten
hat. Ich will deine bebende Seele herum-
zerren, bis du daſteheſt, ein erſtarrtes Bild
der Verzweiflung.

5.

Der Teufel ergriff den Jammernden, flog
mit ihm nach Mainz, zeigte ihm ſein Weib
und zwey Kinder, mit Lumpen bedeckt, vor
dem Franziskanerkloſter ſitzen, um die ekel-
haften Ueberbleibſel des Nachteſſens dieſer
Moͤnche abzuwarten. Als die Mutter
Fauſten erblickte’, ſchrie ſie: „Ach Gott,
„Fauſt, euer Vater!“ deckte ihre Augen
mit ihren Haͤnden zu, und ſank in Ohn-
macht. Die Kinder liefen zu ihm, hingen
ſich an ihn, und ſchrien um Brod.

Fauſt. Teufel, gebiete uͤber mein Schick-
ſal, laß es ſchrecklicher ſeyn, als es das
Herz des Menſchen tragen und faſſen kann,
nur gieb dieſen Elenden, und errette ſie vor
Schande und Hunger!

Teufel.
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[374/0385] mit dir halten, und du ſollſt eines Todes ſterben, wie ihn kein Sterblicher gelitten hat. Ich will deine bebende Seele herum- zerren, bis du daſteheſt, ein erſtarrtes Bild der Verzweiflung. 5. Der Teufel ergriff den Jammernden, flog mit ihm nach Mainz, zeigte ihm ſein Weib und zwey Kinder, mit Lumpen bedeckt, vor dem Franziskanerkloſter ſitzen, um die ekel- haften Ueberbleibſel des Nachteſſens dieſer Moͤnche abzuwarten. Als die Mutter Fauſten erblickte’, ſchrie ſie: „Ach Gott, „Fauſt, euer Vater!“ deckte ihre Augen mit ihren Haͤnden zu, und ſank in Ohn- macht. Die Kinder liefen zu ihm, hingen ſich an ihn, und ſchrien um Brod. Fauſt. Teufel, gebiete uͤber mein Schick- ſal, laß es ſchrecklicher ſeyn, als es das Herz des Menſchen tragen und faſſen kann, nur gieb dieſen Elenden, und errette ſie vor Schande und Hunger! Teufel.

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/385>, abgerufen am 22.11.2024.