Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wozu die Einbildungskraft die Flöte d'amour
blies.

Hierauf trat die Geschichte auf. Vor
ihr her gieng die Fama, mit einer langen
ehernen Trompete. Sie selbst war behan-
gen mit Erzählungen von Mordthaten, Ver-
giftungen, Verschwörungen, Betrügereyen
und andern Greueln. Hinter ihr keuchte ein
starker, nervigter, teutschgekleideter Mann,
unter einer ungeheuren Bürde von Kroni-
cken, Diplomen und Documenten. Sie
tanzte unter dem Gerassel der Erzählungen,
womit sie behangen war, mit der Sclave-
rey
; die Lüge nahm der Fama die Trompe-
te von dem Mund weg, stimmte den Tanz
an, und die Schmeicheley zeichnete ihr die
Figuren vor.

Dann fuhren mit lautem Gelächter auf
die Scene, die Medicin und Charlatanerie,
tanzten eine Menuet, wozu der Tod mit ei-
nem Beutel voll Gold die Musik klimperte.

Hierauf erschienen die Astrologie, die Ka-
bala, Theosophie
und Mystik, sie hatten

sich

wozu die Einbildungskraft die Floͤte d’amour
blies.

Hierauf trat die Geſchichte auf. Vor
ihr her gieng die Fama, mit einer langen
ehernen Trompete. Sie ſelbſt war behan-
gen mit Erzaͤhlungen von Mordthaten, Ver-
giftungen, Verſchwoͤrungen, Betruͤgereyen
und andern Greueln. Hinter ihr keuchte ein
ſtarker, nervigter, teutſchgekleideter Mann,
unter einer ungeheuren Buͤrde von Kroni-
cken, Diplomen und Documenten. Sie
tanzte unter dem Geraſſel der Erzaͤhlungen,
womit ſie behangen war, mit der Sclave-
rey
; die Luͤge nahm der Fama die Trompe-
te von dem Mund weg, ſtimmte den Tanz
an, und die Schmeicheley zeichnete ihr die
Figuren vor.

Dann fuhren mit lautem Gelaͤchter auf
die Scene, die Medicin und Charlatanerie,
tanzten eine Menuet, wozu der Tod mit ei-
nem Beutel voll Gold die Muſik klimperte.

Hierauf erſchienen die Aſtrologie, die Ka-
bala, Theoſophie
und Myſtik, ſie hatten

ſich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0055" n="44"/>
wozu die <hi rendition="#fr">Einbildungskraft</hi> die Flo&#x0364;te <hi rendition="#aq">d&#x2019;amour</hi><lb/>
blies.</p><lb/>
          <p>Hierauf trat die <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chichte</hi> auf. Vor<lb/>
ihr her gieng die Fama, mit einer langen<lb/>
ehernen Trompete. Sie &#x017F;elb&#x017F;t war behan-<lb/>
gen mit Erza&#x0364;hlungen von Mordthaten, Ver-<lb/>
giftungen, Ver&#x017F;chwo&#x0364;rungen, Betru&#x0364;gereyen<lb/>
und andern Greueln. Hinter ihr keuchte ein<lb/>
&#x017F;tarker, nervigter, teut&#x017F;chgekleideter Mann,<lb/>
unter einer ungeheuren Bu&#x0364;rde von Kroni-<lb/>
cken, Diplomen und Documenten. Sie<lb/>
tanzte unter dem Gera&#x017F;&#x017F;el der Erza&#x0364;hlungen,<lb/>
womit &#x017F;ie behangen war, mit der <hi rendition="#fr">Sclave-<lb/>
rey</hi>; die <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;ge</hi> nahm der Fama die Trompe-<lb/>
te von dem Mund weg, &#x017F;timmte den Tanz<lb/>
an, und die <hi rendition="#fr">Schmeicheley</hi> zeichnete ihr die<lb/>
Figuren vor.</p><lb/>
          <p>Dann fuhren mit lautem Gela&#x0364;chter auf<lb/>
die Scene, die <hi rendition="#fr">Medicin</hi> und <hi rendition="#fr">Charlatanerie</hi>,<lb/>
tanzten eine Menuet, wozu der <hi rendition="#fr">Tod</hi> mit ei-<lb/>
nem Beutel voll Gold die Mu&#x017F;ik klimperte.</p><lb/>
          <p>Hierauf er&#x017F;chienen die <hi rendition="#fr">A&#x017F;trologie</hi>, die <hi rendition="#fr">Ka-<lb/>
bala, Theo&#x017F;ophie</hi> und <hi rendition="#fr">My&#x017F;tik</hi>, &#x017F;ie hatten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0055] wozu die Einbildungskraft die Floͤte d’amour blies. Hierauf trat die Geſchichte auf. Vor ihr her gieng die Fama, mit einer langen ehernen Trompete. Sie ſelbſt war behan- gen mit Erzaͤhlungen von Mordthaten, Ver- giftungen, Verſchwoͤrungen, Betruͤgereyen und andern Greueln. Hinter ihr keuchte ein ſtarker, nervigter, teutſchgekleideter Mann, unter einer ungeheuren Buͤrde von Kroni- cken, Diplomen und Documenten. Sie tanzte unter dem Geraſſel der Erzaͤhlungen, womit ſie behangen war, mit der Sclave- rey; die Luͤge nahm der Fama die Trompe- te von dem Mund weg, ſtimmte den Tanz an, und die Schmeicheley zeichnete ihr die Figuren vor. Dann fuhren mit lautem Gelaͤchter auf die Scene, die Medicin und Charlatanerie, tanzten eine Menuet, wozu der Tod mit ei- nem Beutel voll Gold die Muſik klimperte. Hierauf erſchienen die Aſtrologie, die Ka- bala, Theoſophie und Myſtik, ſie hatten ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/55
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/55>, abgerufen am 21.11.2024.