Faust. Reize nur meinen Zorn, und ich will dich mit meiner Zauberruthe bis zu Thränen geißeln, dich an den Rand meines Kreißes fesseln, und meinen Fuß auf deinen Nacken setzen; ich weiß, daß ich es kann.
Teufel. Thu es, und die Hölle wird dei- nes Zorns lachen. Für jede Thräne soll einst die Verzweiflung die Tropfen deines Bluts aus deiner verwegnen Stirne drücken, und die Rache soll die Wage halten, sie abzu- wägen.
Faust. Pfuy des Wahnsinns, daß ein ed- les Geschöpf sich mit einem von Ewigkeit Verworfnen abgiebt, der nur Sinn zum Bö- sen hat, nur im Bösen beystehen kann!
Teufel. Pfuy des Ekels, einen Menschen anhören zu müssen, der dem Teufel vorwirft, daß er Teufel ist, und nicht mit der Schat- tengestalt Tugend prahlt, wie einer von euch!
Faust. Prahlt? Taste nur noch den mo- ralischen Werth des Menschen an, wodurch
er
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Fauſt. Reize nur meinen Zorn, und ich will dich mit meiner Zauberruthe bis zu Thraͤnen geißeln, dich an den Rand meines Kreißes feſſeln, und meinen Fuß auf deinen Nacken ſetzen; ich weiß, daß ich es kann.
Teufel. Thu es, und die Hoͤlle wird dei- nes Zorns lachen. Fuͤr jede Thraͤne ſoll einſt die Verzweiflung die Tropfen deines Bluts aus deiner verwegnen Stirne druͤcken, und die Rache ſoll die Wage halten, ſie abzu- waͤgen.
Fauſt. Pfuy des Wahnſinns, daß ein ed- les Geſchoͤpf ſich mit einem von Ewigkeit Verworfnen abgiebt, der nur Sinn zum Boͤ- ſen hat, nur im Boͤſen beyſtehen kann!
Teufel. Pfuy des Ekels, einen Menſchen anhoͤren zu muͤſſen, der dem Teufel vorwirft, daß er Teufel iſt, und nicht mit der Schat- tengeſtalt Tugend prahlt, wie einer von euch!
Fauſt. Prahlt? Taſte nur noch den mo- raliſchen Werth des Menſchen an, wodurch
er
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Fauſt. Reize nur meinen Zorn, und ich
will dich mit meiner Zauberruthe bis zu
Thraͤnen geißeln, dich an den Rand meines
Kreißes feſſeln, und meinen Fuß auf deinen
Nacken ſetzen; ich weiß, daß ich es kann.
Teufel. Thu es, und die Hoͤlle wird dei-
nes Zorns lachen. Fuͤr jede Thraͤne ſoll einſt
die Verzweiflung die Tropfen deines Bluts
aus deiner verwegnen Stirne druͤcken, und
die Rache ſoll die Wage halten, ſie abzu-
waͤgen.
Fauſt. Pfuy des Wahnſinns, daß ein ed-
les Geſchoͤpf ſich mit einem von Ewigkeit
Verworfnen abgiebt, der nur Sinn zum Boͤ-
ſen hat, nur im Boͤſen beyſtehen kann!
Teufel. Pfuy des Ekels, einen Menſchen
anhoͤren zu muͤſſen, der dem Teufel vorwirft,
daß er Teufel iſt, und nicht mit der Schat-
tengeſtalt Tugend prahlt, wie einer von
euch!
Fauſt. Prahlt? Taſte nur noch den mo-
raliſchen Werth des Menſchen an, wodurch
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/82>, abgerufen am 21.11.2024.
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