Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.
Guelfo. Ferdinando, er wird immer unbändi- ger, stolzer. Rachgierig ist er; stößt mich und seine Mutter ins Grab im blinden Zorn. Er brennt, wie Feuer, wenn wir ihn berühren. Jch bin zu alt, den Sohn Guelfo zu bändigen. Jch muß zittern für ihn. Heute hab' ich ihn einmal wieder gesehen, und fast brach er mir das Herz. Er liegt immer im Walde, badet seine Hände in der armen Thiere Blut. Kömmt er einmal, ver- gräbt er sich, und weh, der sich ihm naht! Ferdinando. Vater, ich sagte immer, man muß Guelfo mit Liebe und Nachgeben begegnen, will man ihn gut haben. Alter Guelfo. Und thu ichs nicht? und muß ichs thun, ich sein Vater? Doch thu ichs, halt' ihn sanft, wie Du Deine Braut. Meine Amalia thuts auch. Jch fürcht', unser Streicheln macht den Wilden unbändiger. Kamilla. Der Ritter hat ein edles Herz. Ferdinando. Das hat er, Kamilla. -- Vater, lassen Sie ihm seine Unbändigkeit, all sein Wesen; wenns Krieg giebt, braus't er aus. Jch will ihn mit meiner Liebe zwingen, mir hold zu sein. Alter Guelfo. Jch kenn' ihn auch, und mag nicht reden. Jch wollte, mein Herz hing nicht so an ihm. Ka-
Guelfo. Ferdinando, er wird immer unbaͤndi- ger, ſtolzer. Rachgierig iſt er; ſtoͤßt mich und ſeine Mutter ins Grab im blinden Zorn. Er brennt, wie Feuer, wenn wir ihn beruͤhren. Jch bin zu alt, den Sohn Guelfo zu baͤndigen. Jch muß zittern fuͤr ihn. Heute hab’ ich ihn einmal wieder geſehen, und faſt brach er mir das Herz. Er liegt immer im Walde, badet ſeine Haͤnde in der armen Thiere Blut. Koͤmmt er einmal, ver- graͤbt er ſich, und weh, der ſich ihm naht! Ferdinando. Vater, ich ſagte immer, man muß Guelfo mit Liebe und Nachgeben begegnen, will man ihn gut haben. Alter Guelfo. Und thu ichs nicht? und muß ichs thun, ich ſein Vater? Doch thu ichs, halt’ ihn ſanft, wie Du Deine Braut. Meine Amalia thuts auch. Jch fuͤrcht’, unſer Streicheln macht den Wilden unbaͤndiger. Kamilla. Der Ritter hat ein edles Herz. Ferdinando. Das hat er, Kamilla. — Vater, laſſen Sie ihm ſeine Unbaͤndigkeit, all ſein Weſen; wenns Krieg giebt, brauſ’t er aus. Jch will ihn mit meiner Liebe zwingen, mir hold zu ſein. Alter Guelfo. Jch kenn’ ihn auch, und mag nicht reden. Jch wollte, mein Herz hing nicht ſo an ihm. Ka-
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Guelfo. Ferdinando, er wird immer unbaͤndi-
ger, ſtolzer. Rachgierig iſt er; ſtoͤßt mich und
ſeine Mutter ins Grab im blinden Zorn. Er
brennt, wie Feuer, wenn wir ihn beruͤhren. Jch
bin zu alt, den Sohn Guelfo zu baͤndigen. Jch
muß zittern fuͤr ihn. Heute hab’ ich ihn einmal
wieder geſehen, und faſt brach er mir das Herz.
Er liegt immer im Walde, badet ſeine Haͤnde in
der armen Thiere Blut. Koͤmmt er einmal, ver-
graͤbt er ſich, und weh, der ſich ihm naht!
Ferdinando. Vater, ich ſagte immer, man
muß Guelfo mit Liebe und Nachgeben begegnen,
will man ihn gut haben.
Alter Guelfo. Und thu ichs nicht? und
muß ichs thun, ich ſein Vater? Doch thu ichs,
halt’ ihn ſanft, wie Du Deine Braut. Meine
Amalia thuts auch. Jch fuͤrcht’, unſer Streicheln
macht den Wilden unbaͤndiger.
Kamilla. Der Ritter hat ein edles Herz.
Ferdinando. Das hat er, Kamilla. —
Vater, laſſen Sie ihm ſeine Unbaͤndigkeit, all
ſein Weſen; wenns Krieg giebt, brauſ’t er aus.
Jch will ihn mit meiner Liebe zwingen, mir hold
zu ſein.
Alter Guelfo. Jch kenn’ ihn auch, und mag
nicht reden. Jch wollte, mein Herz hing nicht ſo
an ihm.
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