Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Amalia. Das will ich. Der alte Guelfo
trauert, Kamilla trauert, Ferdinando trauert.
Guelfo. Kamilla? und wollt mich alle nie-
derweinen? Kamilla soll nicht trauern, keiner soll
trauern!
Amalia. Dein Vater rauft sich die grauen
Haare über Dich. Er ging hart mit mir um
über Dich.
Guelfo. Laß Dichs nicht wundern, Mutter!
Er kan nicht leiden, daß mir jemand gut sei.
Amalia. Nicht so, Guelfo! Er glaubt, ich
stärke Dich im Zorn. Er meints treu mit uns.
Er bereuts, daß er Dir heut hart begegnet ist; er
bereuts innig.
Guelfo. Mutter! hier, wo Du Deine Hand
niederdrückst, schlug der alte Guelfo seinen Sohn,
daß es noch schmerzt.
Amalia. Jch will meine Hand nicht nieder-
drücken, Guelfo! will Dir sanft über den Schmerz
streichen! Verzeih mirs!
Guelfo. Du legst glühende Kohlen auf
meine Wunde.
Amalia. Jch will sie mit meinen Lippen
kälten und löschen. Der alte Guelfo thats un-
gern, ohne Vorsatz.
Guelfo.
Amalia. Das will ich. Der alte Guelfo
trauert, Kamilla trauert, Ferdinando trauert.
Guelfo. Kamilla? und wollt mich alle nie-
derweinen? Kamilla ſoll nicht trauern, keiner ſoll
trauern!
Amalia. Dein Vater rauft ſich die grauen
Haare uͤber Dich. Er ging hart mit mir um
uͤber Dich.
Guelfo. Laß Dichs nicht wundern, Mutter!
Er kan nicht leiden, daß mir jemand gut ſei.
Amalia. Nicht ſo, Guelfo! Er glaubt, ich
ſtaͤrke Dich im Zorn. Er meints treu mit uns.
Er bereuts, daß er Dir heut hart begegnet iſt; er
bereuts innig.
Guelfo. Mutter! hier, wo Du Deine Hand
niederdruͤckſt, ſchlug der alte Guelfo ſeinen Sohn,
daß es noch ſchmerzt.
Amalia. Jch will meine Hand nicht nieder-
druͤcken, Guelfo! will Dir ſanft uͤber den Schmerz
ſtreichen! Verzeih mirs!
Guelfo. Du legſt gluͤhende Kohlen auf
meine Wunde.
Amalia. Jch will ſie mit meinen Lippen
kaͤlten und loͤſchen. Der alte Guelfo thats un-
gern, ohne Vorſatz.
Guelfo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0085" n="79"/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Das will ich. Der alte Guelfo<lb/>
trauert, Kamilla trauert, Ferdinando trauert.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Kamilla? und wollt mich alle nie-<lb/>
derweinen? Kamilla &#x017F;oll nicht trauern, keiner &#x017F;oll<lb/>
trauern!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Dein Vater rauft &#x017F;ich die grauen<lb/>
Haare u&#x0364;ber Dich. Er ging hart mit mir um<lb/>
u&#x0364;ber Dich.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Laß Dichs nicht wundern, Mutter!<lb/>
Er kan nicht leiden, daß mir jemand gut &#x017F;ei.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Nicht &#x017F;o, Guelfo! Er glaubt, ich<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rke Dich im Zorn. Er meints treu mit uns.<lb/>
Er bereuts, daß er Dir heut hart begegnet i&#x017F;t; er<lb/>
bereuts innig.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Mutter! hier, wo Du Deine Hand<lb/>
niederdru&#x0364;ck&#x017F;t, &#x017F;chlug der alte Guelfo &#x017F;einen Sohn,<lb/>
daß es noch &#x017F;chmerzt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Jch will meine Hand nicht nieder-<lb/>
dru&#x0364;cken, Guelfo! will Dir &#x017F;anft u&#x0364;ber den Schmerz<lb/>
&#x017F;treichen! Verzeih mirs!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Du leg&#x017F;t glu&#x0364;hende Kohlen auf<lb/>
meine Wunde.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Jch will &#x017F;ie mit meinen Lippen<lb/>
ka&#x0364;lten und lo&#x0364;&#x017F;chen. Der alte Guelfo thats un-<lb/>
gern, ohne Vor&#x017F;atz.</p>
            </sp><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Guelfo.</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0085] Amalia. Das will ich. Der alte Guelfo trauert, Kamilla trauert, Ferdinando trauert. Guelfo. Kamilla? und wollt mich alle nie- derweinen? Kamilla ſoll nicht trauern, keiner ſoll trauern! Amalia. Dein Vater rauft ſich die grauen Haare uͤber Dich. Er ging hart mit mir um uͤber Dich. Guelfo. Laß Dichs nicht wundern, Mutter! Er kan nicht leiden, daß mir jemand gut ſei. Amalia. Nicht ſo, Guelfo! Er glaubt, ich ſtaͤrke Dich im Zorn. Er meints treu mit uns. Er bereuts, daß er Dir heut hart begegnet iſt; er bereuts innig. Guelfo. Mutter! hier, wo Du Deine Hand niederdruͤckſt, ſchlug der alte Guelfo ſeinen Sohn, daß es noch ſchmerzt. Amalia. Jch will meine Hand nicht nieder- druͤcken, Guelfo! will Dir ſanft uͤber den Schmerz ſtreichen! Verzeih mirs! Guelfo. Du legſt gluͤhende Kohlen auf meine Wunde. Amalia. Jch will ſie mit meinen Lippen kaͤlten und loͤſchen. Der alte Guelfo thats un- gern, ohne Vorſatz. Guelfo.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/85
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/85>, abgerufen am 15.05.2024.