Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.Es ist ein lieblicher Morgen nach dieser stürmischen Nacht. Mögt Er sich so ändern! Amalia. Guelfo! nicht wahr? Sein Sie getrost, Kamilla! er wird sich ändern. Wir zwei wollen ihn schon besänftigen. Wir wollen im- mer zusammen sein; wollen ihn aufsuchen, er mag flüchten, wohin er will. O wir wollen den lieben Guelfo mit Liebe verfolgen! Ferdinando thuts auch. Kamilla. Jch will alles thun, ich bin ihm sehr gut. Unser Leben wird dann erst Leben sein. Amalia. Gott segne Dich, meine Tochter! -- Was fahren Sie schon wieder auf? Kamilla. O wenn ein Vögelchen von einem Ast auf dem andern stiegt, und nur ein Blättchen rauscht, rauscht mirs durchs Herz. Ferdinando! kehre schnell zurück! Amalia. Um Gottes willen! Kamilla. Warum weinte er, als er ging? Warum fiel er mir so geängstet um den Hals, und sagte ein so gepreßtes Lebewohl? Noch fühl' ich, wie seine heissen Thränen meine Wangen herabroll- ten. Nahm er nicht auch so von Jhnen Abschied? Amalia. Eben so. Aber das macht seine Liebe. Jch bitte Sie -- Kamilla.
Es iſt ein lieblicher Morgen nach dieſer ſtuͤrmiſchen Nacht. Moͤgt Er ſich ſo aͤndern! Amalia. Guelfo! nicht wahr? Sein Sie getroſt, Kamilla! er wird ſich aͤndern. Wir zwei wollen ihn ſchon beſaͤnftigen. Wir wollen im- mer zuſammen ſein; wollen ihn aufſuchen, er mag fluͤchten, wohin er will. O wir wollen den lieben Guelfo mit Liebe verfolgen! Ferdinando thuts auch. Kamilla. Jch will alles thun, ich bin ihm ſehr gut. Unſer Leben wird dann erſt Leben ſein. Amalia. Gott ſegne Dich, meine Tochter! — Was fahren Sie ſchon wieder auf? Kamilla. O wenn ein Voͤgelchen von einem Aſt auf dem andern ſtiegt, und nur ein Blaͤttchen rauſcht, rauſcht mirs durchs Herz. Ferdinando! kehre ſchnell zuruͤck! Amalia. Um Gottes willen! Kamilla. Warum weinte er, als er ging? Warum fiel er mir ſo geaͤngſtet um den Hals, und ſagte ein ſo gepreßtes Lebewohl? Noch fuͤhl’ ich, wie ſeine heiſſen Thraͤnen meine Wangen herabroll- ten. Nahm er nicht auch ſo von Jhnen Abſchied? Amalia. Eben ſo. Aber das macht ſeine Liebe. Jch bitte Sie — Kamilla.
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Es iſt ein lieblicher Morgen nach dieſer ſtuͤrmiſchen
Nacht. Moͤgt Er ſich ſo aͤndern!
Amalia. Guelfo! nicht wahr? Sein Sie
getroſt, Kamilla! er wird ſich aͤndern. Wir zwei
wollen ihn ſchon beſaͤnftigen. Wir wollen im-
mer zuſammen ſein; wollen ihn aufſuchen, er
mag fluͤchten, wohin er will. O wir wollen den
lieben Guelfo mit Liebe verfolgen! Ferdinando
thuts auch.
Kamilla. Jch will alles thun, ich bin ihm
ſehr gut. Unſer Leben wird dann erſt Leben ſein.
Amalia. Gott ſegne Dich, meine Tochter!
— Was fahren Sie ſchon wieder auf?
Kamilla. O wenn ein Voͤgelchen von einem
Aſt auf dem andern ſtiegt, und nur ein Blaͤttchen
rauſcht, rauſcht mirs durchs Herz. Ferdinando!
kehre ſchnell zuruͤck!
Amalia. Um Gottes willen!
Kamilla. Warum weinte er, als er ging?
Warum fiel er mir ſo geaͤngſtet um den Hals, und
ſagte ein ſo gepreßtes Lebewohl? Noch fuͤhl’ ich,
wie ſeine heiſſen Thraͤnen meine Wangen herabroll-
ten. Nahm er nicht auch ſo von Jhnen Abſchied?
Amalia. Eben ſo. Aber das macht ſeine
Liebe. Jch bitte Sie —
Kamilla.
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