Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Kamilla. Mir ist nicht wohl. Er wird schon
besser. Reden Sie was anders, Vater? Hat
Ferdinando ein wildes Pferd?
Alter Guelfo. Nein, nein! O, so nah ists
nicht! Jch lege das ganz anders aus. Sein Sie
munter! Amalia, sei munter!
Amalia Wo ist der Ritter?
Alter Guelfo. Er ritt vor Sonnen Aufgang
hinaus, der wilde Jäger Nimrod, mit Lanz und
Schwerd. Gott beßr' ihn, oder kehr' er nie
wieder! Noch so eine Begebenheit, wie die gestri-
ge, und ich streich' ihn aus! Er bringt uns alle
um. Jch hab' eine Nacht gelebt -- wenn ich
noch so eine leben soll, will ich mich lieber auf die
Galeeren schmieden lassen. Sein Zorn ist verflucht.
Amalia. Fluch Deinem Sohn nicht, Vater!
Kamilla. Lassen Sie sich nicht hinreissen!
Der Ritter wird sanft werden und erträglich. Wir
nehmens über uns.
Alter Guelfo. Steh Euch der Himmel bei!
Jch seh nicht lange mehr zu. Jch hoffte, es sollte
gut gehen. -- Der Stallknecht sagte, er habe sich
auf seinen tollen Türken geschwungen, mit dem
Pferde wie mit seinem Freunde gesprochen, und
die Thränen wären dem Thiere auf die Mähnen
gefallen. Aber gleich kehrte der wilde Guelfo zu-
rück.
Kamilla. Mir iſt nicht wohl. Er wird ſchon
beſſer. Reden Sie was anders, Vater? Hat
Ferdinando ein wildes Pferd?
Alter Guelfo. Nein, nein! O, ſo nah iſts
nicht! Jch lege das ganz anders aus. Sein Sie
munter! Amalia, ſei munter!
Amalia Wo iſt der Ritter?
Alter Guelfo. Er ritt vor Sonnen Aufgang
hinaus, der wilde Jaͤger Nimrod, mit Lanz und
Schwerd. Gott beßr’ ihn, oder kehr’ er nie
wieder! Noch ſo eine Begebenheit, wie die geſtri-
ge, und ich ſtreich’ ihn aus! Er bringt uns alle
um. Jch hab’ eine Nacht gelebt — wenn ich
noch ſo eine leben ſoll, will ich mich lieber auf die
Galeeren ſchmieden laſſen. Sein Zorn iſt verflucht.
Amalia. Fluch Deinem Sohn nicht, Vater!
Kamilla. Laſſen Sie ſich nicht hinreiſſen!
Der Ritter wird ſanft werden und ertraͤglich. Wir
nehmens uͤber uns.
Alter Guelfo. Steh Euch der Himmel bei!
Jch ſeh nicht lange mehr zu. Jch hoffte, es ſollte
gut gehen. — Der Stallknecht ſagte, er habe ſich
auf ſeinen tollen Tuͤrken geſchwungen, mit dem
Pferde wie mit ſeinem Freunde geſprochen, und
die Thraͤnen waͤren dem Thiere auf die Maͤhnen
gefallen. Aber gleich kehrte der wilde Guelfo zu-
ruͤck.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0098" n="92"/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Kamilla.</hi> </speaker>
              <p>Mir i&#x017F;t nicht wohl. Er wird &#x017F;chon<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er. Reden Sie was anders, Vater? Hat<lb/>
Ferdinando ein wildes Pferd?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Alter Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Nein, nein! O, &#x017F;o nah i&#x017F;ts<lb/>
nicht! Jch lege das ganz anders aus. Sein Sie<lb/>
munter! Amalia, &#x017F;ei munter!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia</hi> </speaker>
              <p>Wo i&#x017F;t der Ritter?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Alter Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Er ritt vor Sonnen Aufgang<lb/>
hinaus, der wilde Ja&#x0364;ger Nimrod, mit Lanz und<lb/>
Schwerd. Gott beßr&#x2019; ihn, oder kehr&#x2019; er nie<lb/>
wieder! Noch &#x017F;o eine Begebenheit, wie die ge&#x017F;tri-<lb/>
ge, und ich &#x017F;treich&#x2019; ihn aus! Er bringt uns alle<lb/>
um. Jch hab&#x2019; eine Nacht gelebt &#x2014; wenn ich<lb/>
noch &#x017F;o eine leben &#x017F;oll, will ich mich lieber auf die<lb/>
Galeeren &#x017F;chmieden la&#x017F;&#x017F;en. Sein Zorn i&#x017F;t verflucht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Amalia.</hi> </speaker>
              <p>Fluch Deinem Sohn nicht, Vater!</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Kamilla.</hi> </speaker>
              <p>La&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich nicht hinrei&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Der Ritter wird &#x017F;anft werden und ertra&#x0364;glich. Wir<lb/>
nehmens u&#x0364;ber uns.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">Alter Guelfo.</hi> </speaker>
              <p>Steh Euch der Himmel bei!<lb/>
Jch &#x017F;eh nicht lange mehr zu. Jch hoffte, es &#x017F;ollte<lb/>
gut gehen. &#x2014; Der Stallknecht &#x017F;agte, er habe &#x017F;ich<lb/>
auf &#x017F;einen tollen Tu&#x0364;rken ge&#x017F;chwungen, mit dem<lb/>
Pferde wie mit &#x017F;einem Freunde ge&#x017F;prochen, und<lb/>
die Thra&#x0364;nen wa&#x0364;ren dem Thiere auf die Ma&#x0364;hnen<lb/>
gefallen. Aber gleich kehrte der wilde Guelfo zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ru&#x0364;ck.</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0098] Kamilla. Mir iſt nicht wohl. Er wird ſchon beſſer. Reden Sie was anders, Vater? Hat Ferdinando ein wildes Pferd? Alter Guelfo. Nein, nein! O, ſo nah iſts nicht! Jch lege das ganz anders aus. Sein Sie munter! Amalia, ſei munter! Amalia Wo iſt der Ritter? Alter Guelfo. Er ritt vor Sonnen Aufgang hinaus, der wilde Jaͤger Nimrod, mit Lanz und Schwerd. Gott beßr’ ihn, oder kehr’ er nie wieder! Noch ſo eine Begebenheit, wie die geſtri- ge, und ich ſtreich’ ihn aus! Er bringt uns alle um. Jch hab’ eine Nacht gelebt — wenn ich noch ſo eine leben ſoll, will ich mich lieber auf die Galeeren ſchmieden laſſen. Sein Zorn iſt verflucht. Amalia. Fluch Deinem Sohn nicht, Vater! Kamilla. Laſſen Sie ſich nicht hinreiſſen! Der Ritter wird ſanft werden und ertraͤglich. Wir nehmens uͤber uns. Alter Guelfo. Steh Euch der Himmel bei! Jch ſeh nicht lange mehr zu. Jch hoffte, es ſollte gut gehen. — Der Stallknecht ſagte, er habe ſich auf ſeinen tollen Tuͤrken geſchwungen, mit dem Pferde wie mit ſeinem Freunde geſprochen, und die Thraͤnen waͤren dem Thiere auf die Maͤhnen gefallen. Aber gleich kehrte der wilde Guelfo zu- ruͤck.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/98
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian von: Die Zwillinge. Hannover, 1796, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_zwillinge_1796/98>, abgerufen am 21.11.2024.