Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. deuten/ angezogen/ und eine rothe Feld-Bindedarüber gebunden. An der Seiten hieng ihm ein mit Türckoissen reichlich versetzter Sebel/ und den lincken Arm beschwerte ein hell-polirter Schild. Als wir uns dem Platze genähert hatten/ sahen wir den blutdürstigen Vater an einem Fenster liegen/ welcher bey widrigem Erfolg sich gar wol getraute/ den blutigen Tod seines Sohnes mit anzuschauen. Es war ein Creyß von zwey tau- send bewehrten Soldaten geschlossen/ welches mehr auff die Sicherheit des Chaumigrems/ als Beschützung des Printzens/ angesehen war. Bey unserer Ankunfft wurde der Creyß geöffnet/ und wir ehrerbietig eingelassen/ alles aber gieng mit so einer ungemeinen Stille zu/ als wenn iedes/ vor Verlangen nach der Sachen Ausgang/ ver- stummet wäre. Wir funden noch keinen Feind vor uns/ dahero denn der Printz voller Bitterung fragte: Wo denn der künfftige Erbe von Ava bliebe? er würde gewiß bey dem Könige zuvor ein Frühstück einnehmen/ damit er desto bessere Kräf- te habe/ den Avanischen Stamm auszurotten. Nachdem man aber angedeutet/ man hätte noch keine Nachricht von seiner Ankunfft/ setzte sich mein Printz auff die blosse Erde/ und erwar- tete voll brennenden Zorns seines Feindes. Es vergiengen inzwischen mehr als zwey Stunden/ daß man nichts feindseliges merckte noch sahe. Endlich nach so vergeblichen Harren/ kam ein kleiner Mohr in den Creyß gelauffen/ welcher dem Printzen ein Briefgen einhändigte/ dieses Jnhalts: Printz!
Der Aſiatiſchen Baniſe. deuten/ angezogen/ und eine rothe Feld-Bindedaruͤber gebunden. An der Seiten hieng ihm ein mit Tuͤrckoiſſen reichlich verſetzter Sebel/ und den lincken Arm beſchwerte ein hell-polirter Schild. Als wir uns dem Platze genaͤhert hatten/ ſahen wir den blutduͤrſtigen Vater an einem Fenſter liegen/ welcher bey widrigem Erfolg ſich gar wol getraute/ den blutigen Tod ſeines Sohnes mit anzuſchauen. Es war ein Creyß von zwey tau- ſend bewehrten Soldaten geſchloſſen/ welches mehr auff die Sicherheit des Chaumigrems/ als Beſchuͤtzung des Printzens/ angeſehen war. Bey unſerer Ankunfft wurde der Creyß geoͤffnet/ und wir ehrerbietig eingelaſſen/ alles aber gieng mit ſo einer ungemeinen Stille zu/ als wenn iedes/ vor Verlangen nach der Sachen Ausgang/ ver- ſtummet waͤre. Wir funden noch keinen Feind vor uns/ dahero denn der Printz voller Bitterung fragte: Wo denn der kuͤnfftige Erbe von Ava bliebe? er wuͤrde gewiß bey dem Koͤnige zuvor ein Fruͤhſtuͤck einnehmen/ damit er deſto beſſere Kraͤf- te habe/ den Avaniſchen Stamm auszurotten. Nachdem man aber angedeutet/ man haͤtte noch keine Nachricht von ſeiner Ankunfft/ ſetzte ſich mein Printz auff die bloſſe Erde/ und erwar- tete voll brennenden Zorns ſeines Feindes. Es vergiengen inzwiſchen mehr als zwey Stunden/ daß man nichts feindſeliges merckte noch ſahe. Endlich nach ſo vergeblichen Harren/ kam ein kleiner Mohr in den Creyß gelauffen/ welcher dem Printzen ein Bꝛiefgen einhaͤndigte/ dieſes Jnhalts: Printz!
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
deuten/ angezogen/ und eine rothe Feld-Binde
daruͤber gebunden. An der Seiten hieng ihm ein
mit Tuͤrckoiſſen reichlich verſetzter Sebel/ und den
lincken Arm beſchwerte ein hell-polirter Schild.
Als wir uns dem Platze genaͤhert hatten/ ſahen
wir den blutduͤrſtigen Vater an einem Fenſter
liegen/ welcher bey widrigem Erfolg ſich gar wol
getraute/ den blutigen Tod ſeines Sohnes mit
anzuſchauen. Es war ein Creyß von zwey tau-
ſend bewehrten Soldaten geſchloſſen/ welches
mehr auff die Sicherheit des Chaumigrems/ als
Beſchuͤtzung des Printzens/ angeſehen war. Bey
unſerer Ankunfft wurde der Creyß geoͤffnet/ und
wir ehrerbietig eingelaſſen/ alles aber gieng mit
ſo einer ungemeinen Stille zu/ als wenn iedes/
vor Verlangen nach der Sachen Ausgang/ ver-
ſtummet waͤre. Wir funden noch keinen Feind
vor uns/ dahero denn der Printz voller Bitterung
fragte: Wo denn der kuͤnfftige Erbe von Ava
bliebe? er wuͤrde gewiß bey dem Koͤnige zuvor ein
Fruͤhſtuͤck einnehmen/ damit er deſto beſſere Kraͤf-
te habe/ den Avaniſchen Stamm auszurotten.
Nachdem man aber angedeutet/ man haͤtte
noch keine Nachricht von ſeiner Ankunfft/ ſetzte
ſich mein Printz auff die bloſſe Erde/ und erwar-
tete voll brennenden Zorns ſeines Feindes. Es
vergiengen inzwiſchen mehr als zwey Stunden/
daß man nichts feindſeliges merckte noch ſahe.
Endlich nach ſo vergeblichen Harren/ kam ein
kleiner Mohr in den Creyß gelauffen/ welcher dem
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