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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
res Discurses aber lieff auff eine Liebe zwischen
uns beyden hohen Personen hinaus; indem sie
sich nicht scheute zu sagen/ wie sie den ersten Au-
genblick/ als sie mich gesehen/ eine Gelübde ge-
than/ mich ihrer Liebe würdig zu machen. Ob
mir nun zwar nichts weniger in Sinn gekommen
war/ als daß ich eine solche heßliche Schönheit
lieben solte: so dauchte es mich doch sehr ersprieß-
lich vor meinen Printzen zu seyn/ wenn ich mich
mit iemand von seiner geliebten Princeßin Frau-
enzimmer bekandt machte. Denn/ sie nicht zu
lieben/ war dieses die Ursache/ daß es zu beklagen
ist/ wenn die verliebtesten Hertzen öffters mit den
heßlichsten Angesichtern begabet seyn. Sie war
endlich dem Wachsthum nach gut gnung: allein
wie ihr Gesichte vermittelst breiter überhangen-
der Stirne und spitzigen Kinnes einen rechten
Triangel machte/ also war sie so unvergleichlich
mager/ daß ich vermeinet hätte/ es wäre unmög-
lich/ daß sie vom Fleisch und Blut einige Anfech-
tung haben solte. Ja ihr Angesichte hätte einen
Mahler zu Vollkommenheit seiner Kunst verhelf-
fen können/ angesehen er die Vertieffungen aus
denen Gruben ihrer gedörrten Wangen/ die
Schattierung aber aus ihren Farben/ da sich gel-
be in schwartzbraun verlohr/ sattsam lernen kön-
nen. Durch Beschreibung des übrigen will ich
meinen hochgeehrten Zuhörern keinen Eckel er-
wecken. Das beste an ihr war/ daß sie bey der
Princeßin Banise sehr wohl gelitten und in

son-
N 3

Erſtes Buch.
res Diſcurſes aber lieff auff eine Liebe zwiſchen
uns beyden hohen Perſonen hinaus; indem ſie
ſich nicht ſcheute zu ſagen/ wie ſie den erſten Au-
genblick/ als ſie mich geſehen/ eine Geluͤbde ge-
than/ mich ihrer Liebe wuͤrdig zu machen. Ob
mir nun zwar nichts weniger in Sinn gekommen
war/ als daß ich eine ſolche heßliche Schoͤnheit
lieben ſolte: ſo dauchte es mich doch ſehr erſprieß-
lich vor meinen Printzen zu ſeyn/ wenn ich mich
mit iemand von ſeiner geliebten Princeßin Frau-
enzimmer bekandt machte. Denn/ ſie nicht zu
lieben/ war dieſes die Urſache/ daß es zu beklagen
iſt/ wenn die verliebteſten Hertzen oͤffters mit den
heßlichſten Angeſichtern begabet ſeyn. Sie war
endlich dem Wachsthum nach gut gnung: allein
wie ihr Geſichte vermittelſt breiter uͤberhangen-
der Stirne und ſpitzigen Kinnes einen rechten
Triangel machte/ alſo war ſie ſo unvergleichlich
mager/ daß ich vermeinet haͤtte/ es waͤre unmoͤg-
lich/ daß ſie vom Fleiſch und Blut einige Anfech-
tung haben ſolte. Ja ihr Angeſichte haͤtte einen
Mahler zu Vollkommenheit ſeiner Kunſt verhelf-
fen koͤnnen/ angeſehen er die Vertieffungen aus
denen Gruben ihrer gedoͤrrten Wangen/ die
Schattierung aber aus ihren Farben/ da ſich gel-
be in ſchwartzbraun verlohr/ ſattſam lernen koͤn-
nen. Durch Beſchreibung des uͤbrigen will ich
meinen hochgeehrten Zuhoͤrern keinen Eckel er-
wecken. Das beſte an ihr war/ daß ſie bey der
Princeßin Baniſe ſehr wohl gelitten und in

ſon-
N 3
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[197/0217] Erſtes Buch. res Diſcurſes aber lieff auff eine Liebe zwiſchen uns beyden hohen Perſonen hinaus; indem ſie ſich nicht ſcheute zu ſagen/ wie ſie den erſten Au- genblick/ als ſie mich geſehen/ eine Geluͤbde ge- than/ mich ihrer Liebe wuͤrdig zu machen. Ob mir nun zwar nichts weniger in Sinn gekommen war/ als daß ich eine ſolche heßliche Schoͤnheit lieben ſolte: ſo dauchte es mich doch ſehr erſprieß- lich vor meinen Printzen zu ſeyn/ wenn ich mich mit iemand von ſeiner geliebten Princeßin Frau- enzimmer bekandt machte. Denn/ ſie nicht zu lieben/ war dieſes die Urſache/ daß es zu beklagen iſt/ wenn die verliebteſten Hertzen oͤffters mit den heßlichſten Angeſichtern begabet ſeyn. Sie war endlich dem Wachsthum nach gut gnung: allein wie ihr Geſichte vermittelſt breiter uͤberhangen- der Stirne und ſpitzigen Kinnes einen rechten Triangel machte/ alſo war ſie ſo unvergleichlich mager/ daß ich vermeinet haͤtte/ es waͤre unmoͤg- lich/ daß ſie vom Fleiſch und Blut einige Anfech- tung haben ſolte. Ja ihr Angeſichte haͤtte einen Mahler zu Vollkommenheit ſeiner Kunſt verhelf- fen koͤnnen/ angeſehen er die Vertieffungen aus denen Gruben ihrer gedoͤrrten Wangen/ die Schattierung aber aus ihren Farben/ da ſich gel- be in ſchwartzbraun verlohr/ ſattſam lernen koͤn- nen. Durch Beſchreibung des uͤbrigen will ich meinen hochgeehrten Zuhoͤrern keinen Eckel er- wecken. Das beſte an ihr war/ daß ſie bey der Princeßin Baniſe ſehr wohl gelitten und in ſon- N 3

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/217>, abgerufen am 21.11.2024.