Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Erstes Buch. Die Sonnen ihrer Augen spielten mit solchen Bli-tzen/ wodurch auch stählerne Hertzen wie Wachs zerfliessen musten. Und wenn sie die schwartzen Aug-Aepffel nur einmal umwendete/ so musten alle Hertzen brennen/ und die Seelen/ welche sie nur anschaueten/ in volle Flammen gesetzet wer- den. Jhre lockichten Haare/ welche um ihr Haupt gleichsam mit Wellen spielten/ waren etwas dunckler als weiß/ und dienten zu rechten Stricken/ einen Printzen in das Garn der Dienstbarkeit einzuschlingen. Jhre Lippen/ welche einen etwas auffgeworffenen Mund bildeten/ beschämten die schönsten Cor allen/ und bedeckten die wohlgesetz- te Reihen der Zähne/ welche die Orientalischen Perlen verdunckelten: ob man sie zwar so wohl in Reden/ als in Lachen/ wenig konte zu sehen be- kommen. Die Wangen stellten ein angeneh- mes Paradieß vor/ in welchem Rosen und Lilien zierlich untereinander blüheten/ ja die Liebe schie- ne sich selbst auf dieser weichen Rosen-Saat zu weiden. Die wohlgesetzte Nase vermehrte die Proportion des schönen und runden Angesichts um ein grosses. Der mehr lang als kurtze Halß/ welchen der Adern subtiles Wesen zierlichst durch- flochte/ war nebst der andern Farbe ihrer Haut/ so weit es die Wohlanständigkeit zu sehen erlaub- te/ so wunderschön/ daß ich nicht glaube/ daß auch der kälteste Winter ihrer Purpur-Röthe/ welche sich mit der schneeweissen Farbe artlich vermisch- te/ einigen Abbruch thun könte. Jhre wohlge- bilde-
Erſtes Buch. Die Soñen ihrer Augen ſpielten mit ſolchen Bli-tzen/ wodurch auch ſtaͤhlerne Hertzen wie Wachs zerflieſſen muſten. Und wenn ſie die ſchwartzen Aug-Aepffel nur einmal umwendete/ ſo muſten alle Hertzen brennen/ und die Seelen/ welche ſie nur anſchaueten/ in volle Flammen geſetzet wer- den. Jhre lockichten Haare/ welche um ihr Haupt gleichſam mit Wellen ſpielten/ waren etwas dunckleꝛ als weiß/ und dienten zu rechten Stricken/ einen Printzen in das Garn der Dienſtbarkeit einzuſchlingen. Jhre Lippen/ welche einen etwas auffgeworffenen Mund bildeten/ beſchaͤmten die ſchoͤnſten Cor allen/ und bedeckten die wohlgeſetz- te Reihen der Zaͤhne/ welche die Orientaliſchen Perlen verdunckelten: ob man ſie zwar ſo wohl in Reden/ als in Lachen/ wenig konte zu ſehen be- kommen. Die Wangen ſtellten ein angeneh- mes Paradieß vor/ in welchem Roſen und Lilien zierlich untereinander bluͤheten/ ja die Liebe ſchie- ne ſich ſelbſt auf dieſer weichen Roſen-Saat zu weiden. Die wohlgeſetzte Naſe vermehrte die Proportion des ſchoͤnen und runden Angeſichts um ein groſſes. Der mehr lang als kurtze Halß/ welchen der Adern ſubtiles Weſen zierlichſt durch- flochte/ war nebſt der andern Farbe ihrer Haut/ ſo weit es die Wohlanſtaͤndigkeit zu ſehen erlaub- te/ ſo wunderſchoͤn/ daß ich nicht glaube/ daß auch der kaͤlteſte Winter ihrer Purpur-Roͤthe/ welche ſich mit der ſchneeweiſſen Farbe artlich vermiſch- te/ einigen Abbruch thun koͤnte. Jhre wohlge- bilde-
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Erſtes Buch.
Die Soñen ihrer Augen ſpielten mit ſolchen Bli-
tzen/ wodurch auch ſtaͤhlerne Hertzen wie Wachs
zerflieſſen muſten. Und wenn ſie die ſchwartzen
Aug-Aepffel nur einmal umwendete/ ſo muſten
alle Hertzen brennen/ und die Seelen/ welche ſie
nur anſchaueten/ in volle Flammen geſetzet wer-
den. Jhre lockichten Haare/ welche um ihr Haupt
gleichſam mit Wellen ſpielten/ waren etwas
dunckleꝛ als weiß/ und dienten zu rechten Stricken/
einen Printzen in das Garn der Dienſtbarkeit
einzuſchlingen. Jhre Lippen/ welche einen etwas
auffgeworffenen Mund bildeten/ beſchaͤmten die
ſchoͤnſten Cor allen/ und bedeckten die wohlgeſetz-
te Reihen der Zaͤhne/ welche die Orientaliſchen
Perlen verdunckelten: ob man ſie zwar ſo wohl
in Reden/ als in Lachen/ wenig konte zu ſehen be-
kommen. Die Wangen ſtellten ein angeneh-
mes Paradieß vor/ in welchem Roſen und Lilien
zierlich untereinander bluͤheten/ ja die Liebe ſchie-
ne ſich ſelbſt auf dieſer weichen Roſen-Saat zu
weiden. Die wohlgeſetzte Naſe vermehrte die
Proportion des ſchoͤnen und runden Angeſichts
um ein groſſes. Der mehr lang als kurtze Halß/
welchen der Adern ſubtiles Weſen zierlichſt durch-
flochte/ war nebſt der andern Farbe ihrer Haut/
ſo weit es die Wohlanſtaͤndigkeit zu ſehen erlaub-
te/ ſo wunderſchoͤn/ daß ich nicht glaube/ daß auch
der kaͤlteſte Winter ihrer Purpur-Roͤthe/ welche
ſich mit der ſchneeweiſſen Farbe artlich vermiſch-
te/ einigen Abbruch thun koͤnte. Jhre wohlge-
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