Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. im Schlosse hohen Gefangene gemeldet/ solcheswar nur ein kleiner Auffschub ihrer verteuffelten Tyranney zu nennen. Denn als auch die ande- re Nacht verschwunden/ sahe man die Sonne gantz blutig auffgehen/ und schiene dermassen traurig zu seyn/ gleichsam als ob sie sich selbst be- trübte/ eine solche nie erhörte Grausamkeit mit enzuschauen. Nachdem wir wenigen Gefan- gene in das Feld gestellet worden/ sahe man drey tausend Mann mit Spiessen und Musqveten daher kommen/ welche hundert und viertzig Kernschöne Weibes-Bilder/ deren |iedesmal vier und viere zusammen gebunden waren/ unter sich führeten/ bey iedweder Kuppel aber gieng einer von den Bramanischen Priester oder Talegrepos/ wel- che sie trösten/ und einen Muth zum Sterben ma- chen solten. Unter solchen betrübten Hauffen leuchtete die schöne Nhai Canato als eine Son- ne unter den Sternen hervor/ welche ietzt in dem Todten-Meere untergehen solte; Und weil sie von so hohem Käyserl. Stamme entsprossen war/ so schiene es/ als ob der Tyranne ihr auch im To- de einige schuldige Ehre erweisen wolte/ indem zwölff Thürhülter/ mit silbernen Kolben auff den Achseln/ vor ihr her traten. Zur Seiten wur- den ihre vier Kinder/ alß zwey Printzen und zwey Princeßinnen von so viel Männern auff Pferden geführet. Das übrige Frauenzimmer war al- les von hohem Stande/ und der Martabanischen Fürsten Weiber und Töchter/ deren Gesichter alle
Der Aſiatiſchen Baniſe. im Schloſſe hohen Gefangene gemeldet/ ſolcheswar nur ein kleiner Auffſchub ihrer verteuffelten Tyranney zu nennen. Denn als auch die ande- re Nacht verſchwunden/ ſahe man die Sonne gantz blutig auffgehen/ und ſchiene dermaſſen traurig zu ſeyn/ gleichſam als ob ſie ſich ſelbſt be- truͤbte/ eine ſolche nie erhoͤrte Grauſamkeit mit enzuſchauen. Nachdem wir wenigen Gefan- gene in das Feld geſtellet worden/ ſahe man drey tauſend Mañ mit Spieſſen und Muſqveten daher kommen/ welche hundert und viertzig Kernſchoͤne Weibes-Bilder/ deren |iedesmal vier und viere zuſammen gebunden waren/ unter ſich fuͤhreten/ bey iedweder Kuppel aber gieng einer von den Bramaniſchen Prieſter oder Talegrepos/ wel- che ſie troͤſten/ und einen Muth zum Sterben ma- chen ſolten. Unter ſolchen betruͤbten Hauffen leuchtete die ſchoͤne Nhai Canato als eine Son- ne unter den Sternen hervor/ welche ietzt in dem Todten-Meere untergehen ſolte; Und weil ſie von ſo hohem Kaͤyſerl. Stamme entſproſſen war/ ſo ſchiene es/ als ob der Tyranne ihr auch im To- de einige ſchuldige Ehre erweiſen wolte/ indem zwoͤlff Thuͤrhuͤlter/ mit ſilbernen Kolben auff den Achſeln/ vor ihr her traten. Zur Seiten wur- den ihre vier Kinder/ alß zwey Printzen und zwey Princeßinnen von ſo viel Maͤnnern auff Pferden gefuͤhret. Das uͤbrige Frauenzimmer war al- les von hohem Stande/ und der Martabaniſchen Fuͤrſten Weiber und Toͤchter/ deren Geſichter alle
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
im Schloſſe hohen Gefangene gemeldet/ ſolches
war nur ein kleiner Auffſchub ihrer verteuffelten
Tyranney zu nennen. Denn als auch die ande-
re Nacht verſchwunden/ ſahe man die Sonne
gantz blutig auffgehen/ und ſchiene dermaſſen
traurig zu ſeyn/ gleichſam als ob ſie ſich ſelbſt be-
truͤbte/ eine ſolche nie erhoͤrte Grauſamkeit mit
enzuſchauen. Nachdem wir wenigen Gefan-
gene in das Feld geſtellet worden/ ſahe man drey
tauſend Mañ mit Spieſſen und Muſqveten daher
kommen/ welche hundert und viertzig Kernſchoͤne
Weibes-Bilder/ deren |iedesmal vier und viere
zuſammen gebunden waren/ unter ſich fuͤhreten/
bey iedweder Kuppel aber gieng einer von den
Bramaniſchen Prieſter oder Talegrepos/ wel-
che ſie troͤſten/ und einen Muth zum Sterben ma-
chen ſolten. Unter ſolchen betruͤbten Hauffen
leuchtete die ſchoͤne Nhai Canato als eine Son-
ne unter den Sternen hervor/ welche ietzt in dem
Todten-Meere untergehen ſolte; Und weil ſie
von ſo hohem Kaͤyſerl. Stamme entſproſſen war/
ſo ſchiene es/ als ob der Tyranne ihr auch im To-
de einige ſchuldige Ehre erweiſen wolte/ indem
zwoͤlff Thuͤrhuͤlter/ mit ſilbernen Kolben auff den
Achſeln/ vor ihr her traten. Zur Seiten wur-
den ihre vier Kinder/ alß zwey Printzen und zwey
Princeßinnen von ſo viel Maͤnnern auff Pferden
gefuͤhret. Das uͤbrige Frauenzimmer war al-
les von hohem Stande/ und der Martabaniſchen
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