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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Der Asiatischen Banise.
Durch sie ward Troja grauß/ doch Rom das
Haupt der Welt:
Ein Wein/ der Wermuth ist/ und doch wie
Zucker schmecket.

Ja freylich/ hub er endlich zu sich selbsten an/
Treuester Rolim/ solte dein Rath mit beyden
Händen ergriffen werden/ wenn nicht bereits
ein gefährlicher Augenschein das vorhin Felsen-
gleiche Hertz dermassen eingenommen hätte: daß
Ehre und Liebe schon damals einen harten Kampf-
Platz in meiner Seelen hielten. Die Götter wis-
sen es/ wie mir zu Muthe war/ als ich den tödt-
lichen Ausspruch über dieses Bild ergehen liesse/
welches mich auch von ferne mit seinen Strahlen
entzündete/ und durch seine Blicke mehr beleidig-
te/ als es einem Monarchen zu erdulden anstän-
dig ist. Doch erhielt die Ehre damahls den Sieg/
und wolten die Götter/ der treulose Abaxar hätte
sein unzeitiges Erbarmen eingestellet/ so wäre ih-
re Seele zur Ruhe/ und mein Geist in unwissen-
der Vergnügung geblieben. Allein/ da ich sie/
als die einige Unruhe meiner Seelen/ noch am
Leben wissen soll/ so fürchte ich sehr/ es möchte die
Liebe den Lorbeer/ und ihre Schönheit den Sie-
ges-Crantz über einen Monarchen/ davon tra-
gen. Jedoch wird auch die Engel-gleiche Prin-
ceßin den Vortrag meiner Liebe mit willigem
Hertzen annehmen? Wird sie auch demjenigen
einen holden Blick gönnen/ welchen sie im Hertzen
als einen Mörder ihres Vaters/ und einen Hen-

cker
Der Aſiatiſchen Baniſe.
Durch ſie ward Troja grauß/ doch Rom das
Haupt der Welt:
Ein Wein/ der Wermuth iſt/ und doch wie
Zucker ſchmecket.

Ja freylich/ hub er endlich zu ſich ſelbſten an/
Treueſter Rolim/ ſolte dein Rath mit beyden
Haͤnden ergriffen werden/ wenn nicht bereits
ein gefaͤhrlicher Augenſchein das vorhin Felſen-
gleiche Hertz dermaſſen eingenommen haͤtte: daß
Ehre und Liebe ſchon damals einen haꝛten Kampf-
Platz in meiner Seelen hielten. Die Goͤtter wiſ-
ſen es/ wie mir zu Muthe war/ als ich den toͤdt-
lichen Ausſpruch uͤber dieſes Bild ergehen lieſſe/
welches mich auch von ferne mit ſeinen Strahlen
entzuͤndete/ und durch ſeine Blicke mehr beleidig-
te/ als es einem Monarchen zu erdulden anſtaͤn-
dig iſt. Doch erhielt die Ehre damahls den Sieg/
und wolten die Goͤtter/ der treuloſe Abaxar haͤtte
ſein unzeitiges Erbarmen eingeſtellet/ ſo waͤre ih-
re Seele zur Ruhe/ und mein Geiſt in unwiſſen-
der Vergnuͤgung geblieben. Allein/ da ich ſie/
als die einige Unruhe meiner Seelen/ noch am
Leben wiſſen ſoll/ ſo fuͤrchte ich ſehr/ es moͤchte die
Liebe den Lorbeer/ und ihre Schoͤnheit den Sie-
ges-Crantz uͤber einen Monarchen/ davon tra-
gen. Jedoch wird auch die Engel-gleiche Prin-
ceßin den Vortrag meiner Liebe mit willigem
Hertzen annehmen? Wird ſie auch demjenigen
einen holden Blick goͤnnen/ welchen ſie im Hertzen
als einen Moͤrder ihres Vaters/ und einen Hen-

cker
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[390/0410] Der Aſiatiſchen Baniſe. Durch ſie ward Troja grauß/ doch Rom das Haupt der Welt: Ein Wein/ der Wermuth iſt/ und doch wie Zucker ſchmecket. Ja freylich/ hub er endlich zu ſich ſelbſten an/ Treueſter Rolim/ ſolte dein Rath mit beyden Haͤnden ergriffen werden/ wenn nicht bereits ein gefaͤhrlicher Augenſchein das vorhin Felſen- gleiche Hertz dermaſſen eingenommen haͤtte: daß Ehre und Liebe ſchon damals einen haꝛten Kampf- Platz in meiner Seelen hielten. Die Goͤtter wiſ- ſen es/ wie mir zu Muthe war/ als ich den toͤdt- lichen Ausſpruch uͤber dieſes Bild ergehen lieſſe/ welches mich auch von ferne mit ſeinen Strahlen entzuͤndete/ und durch ſeine Blicke mehr beleidig- te/ als es einem Monarchen zu erdulden anſtaͤn- dig iſt. Doch erhielt die Ehre damahls den Sieg/ und wolten die Goͤtter/ der treuloſe Abaxar haͤtte ſein unzeitiges Erbarmen eingeſtellet/ ſo waͤre ih- re Seele zur Ruhe/ und mein Geiſt in unwiſſen- der Vergnuͤgung geblieben. Allein/ da ich ſie/ als die einige Unruhe meiner Seelen/ noch am Leben wiſſen ſoll/ ſo fuͤrchte ich ſehr/ es moͤchte die Liebe den Lorbeer/ und ihre Schoͤnheit den Sie- ges-Crantz uͤber einen Monarchen/ davon tra- gen. Jedoch wird auch die Engel-gleiche Prin- ceßin den Vortrag meiner Liebe mit willigem Hertzen annehmen? Wird ſie auch demjenigen einen holden Blick goͤnnen/ welchen ſie im Hertzen als einen Moͤrder ihres Vaters/ und einen Hen- cker

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/410>, abgerufen am 22.11.2024.