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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
sten Theil bekähme. Andere traten vor die Spie-
gel/ und examinirten ihre Schönheit/ welcher
Ort des Angesichts der Schönheit am meisten be-
nöthiget wäre. Ja etliche baten gar den Scan-
dor in geheim/ dieses Oel ihnen doch nur allein zu
gönnen: Denn sonst würde es ja keine Seltsam-
keit nach sich ziehen/ wenn iedwede mit einem glat-
ten Spiegel auffgezogen käme. Endlich versam-
leten sie sich insgesamt wieder um den Scandor/
und ermahneten ihn eyffrigst/ ihnen solches Oel
zu zeigen/ und vor ihr Geld zu überlassen. Als
er aber ihren Eyffer sahe/ bat er sie/ ihm zuvor die-
se wenige Frage zu beantworten: Ob dieses nicht
eine unverantwortliche Sünde gegen die Götter/
und eine grosse Thorheit vor den Menschen wäre/
wenn sich ein vorhin von dem Himmel mit Schön-
heit sattsam begabtes Angesichte durch die Kunst
noch schöner zu machen/ unterstünde welches sie
alle zugleich bejaheten. Nun weiß ich/ fuhr er fort/
daß nicht eine von mir leiden würde/ daß ich sie
heßlich nennete/ sondern iedwede wird sich eine ein-
gebildete Schönheit beylegen/ und solte es auch
der arme Spiegel entgelten/ daß dessen falsches
Glaß das sonst wohlgebildete Gesichte verstellete.
Nachdem sie ja nun alle schöne seyn/ so begehen
sie/ laut eigenem Geständniß/ eine grosse Thor-
heit und Sünde/ daß sie die Götter meistern/ und
sich verbessern wollen. Dannenhero ihnen auch
dieses Oel ein Uberfluß seyn würde. Mit welchen
Worten er wieder einzupacken begunte. Das

begie-
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Anderes Buch.
ſten Theil bekaͤhme. Andere traten vor die Spie-
gel/ und examinirten ihre Schoͤnheit/ welcher
Ort des Angeſichts der Schoͤnheit am meiſten be-
noͤthiget waͤre. Ja etliche baten gar den Scan-
dor in geheim/ dieſes Oel ihnen doch nur allein zu
goͤnnen: Denn ſonſt wuͤrde es ja keine Seltſam-
keit nach ſich ziehen/ wenn iedwede mit einem glat-
ten Spiegel auffgezogen kaͤme. Endlich verſam-
leten ſie ſich insgeſamt wieder um den Scandor/
und ermahneten ihn eyffrigſt/ ihnen ſolches Oel
zu zeigen/ und vor ihr Geld zu uͤberlaſſen. Als
er aber ihren Eyffer ſahe/ bat er ſie/ ihm zuvor die-
ſe wenige Frage zu beantworten: Ob dieſes nicht
eine unverantwortliche Suͤnde gegen die Goͤtter/
und eine groſſe Thorheit vor den Menſchen waͤre/
wenn ſich ein vorhin von dem Him̃el mit Schoͤn-
heit ſattſam begabtes Angeſichte durch die Kunſt
noch ſchoͤner zu machen/ unterſtuͤnde welches ſie
alle zugleich bejaheten. Nun weiß ich/ fuhr er fort/
daß nicht eine von mir leiden wuͤrde/ daß ich ſie
heßlich nennete/ ſondern iedwede wird ſich eine ein-
gebildete Schoͤnheit beylegen/ und ſolte es auch
der arme Spiegel entgelten/ daß deſſen falſches
Glaß das ſonſt wohlgebildete Geſichte verſtellete.
Nachdem ſie ja nun alle ſchoͤne ſeyn/ ſo begehen
ſie/ laut eigenem Geſtaͤndniß/ eine groſſe Thor-
heit und Suͤnde/ daß ſie die Goͤtter meiſtern/ und
ſich verbeſſern wollen. Dannenhero ihnen auch
dieſes Oel ein Uberfluß ſeyn wuͤrde. Mit welchen
Worten er wieder einzupacken begunte. Das

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[435/0455] Anderes Buch. ſten Theil bekaͤhme. Andere traten vor die Spie- gel/ und examinirten ihre Schoͤnheit/ welcher Ort des Angeſichts der Schoͤnheit am meiſten be- noͤthiget waͤre. Ja etliche baten gar den Scan- dor in geheim/ dieſes Oel ihnen doch nur allein zu goͤnnen: Denn ſonſt wuͤrde es ja keine Seltſam- keit nach ſich ziehen/ wenn iedwede mit einem glat- ten Spiegel auffgezogen kaͤme. Endlich verſam- leten ſie ſich insgeſamt wieder um den Scandor/ und ermahneten ihn eyffrigſt/ ihnen ſolches Oel zu zeigen/ und vor ihr Geld zu uͤberlaſſen. Als er aber ihren Eyffer ſahe/ bat er ſie/ ihm zuvor die- ſe wenige Frage zu beantworten: Ob dieſes nicht eine unverantwortliche Suͤnde gegen die Goͤtter/ und eine groſſe Thorheit vor den Menſchen waͤre/ wenn ſich ein vorhin von dem Him̃el mit Schoͤn- heit ſattſam begabtes Angeſichte durch die Kunſt noch ſchoͤner zu machen/ unterſtuͤnde welches ſie alle zugleich bejaheten. Nun weiß ich/ fuhr er fort/ daß nicht eine von mir leiden wuͤrde/ daß ich ſie heßlich nennete/ ſondern iedwede wird ſich eine ein- gebildete Schoͤnheit beylegen/ und ſolte es auch der arme Spiegel entgelten/ daß deſſen falſches Glaß das ſonſt wohlgebildete Geſichte verſtellete. Nachdem ſie ja nun alle ſchoͤne ſeyn/ ſo begehen ſie/ laut eigenem Geſtaͤndniß/ eine groſſe Thor- heit und Suͤnde/ daß ſie die Goͤtter meiſtern/ und ſich verbeſſern wollen. Dannenhero ihnen auch dieſes Oel ein Uberfluß ſeyn wuͤrde. Mit welchen Worten er wieder einzupacken begunte. Das begie- E e 2

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/455>, abgerufen am 22.11.2024.