Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

1733 vorgeschlagen von der Zunft der
Wisser. Es war ihr damaliger Anwald,
der Urenkel des treu'n Ekhards, der die
Sache vornämlich betrieb. Weil wir den zu
haltenden Landtag nun endlich sehr nahe glau-
ben; so hoffen wir auch, daß dieser gute
Greis noch darauf erscheinen werde. Er
machte uns auf dem lezten Landtage sehr an-
genehme Abende. Für die Kenner gewisser
Sachen sagt er viel mehr, als er zu sagen
scheint. Er trieft recht von deutschen Sprich-
wörtern, besonders, wenn er Ekharde er-
zählt. So nennt man diejenigen seiner Er-
zählungen, in welchen sein Urältervater der
treu' Ekhard vorkomt.

2

Wer, ob er gleich zu Hause bleibt, und
nur murmelt, sich täglich in den Schriften
der neuen Sophisten, zum Exempel Voltai-
rens und seiner Säuglinge besäuft, und zwar
dermaassen, daß er fünf bis sechsmal beym
Stule liegend und den Rausch ausschlafend ge-
funden worden ist, der wird bey den Nacht-
wächtern auf Gnade und Ungnade eingesperrt,
und ihm seines gewönlichen Gesöfs, wie auch
Papiers zum Speyen, so viel er will, gelassen.

L. G.

1733 vorgeſchlagen von der Zunft der
Wiſſer. Es war ihr damaliger Anwald,
der Urenkel des treu’n Ekhards, der die
Sache vornaͤmlich betrieb. Weil wir den zu
haltenden Landtag nun endlich ſehr nahe glau-
ben; ſo hoffen wir auch, daß dieſer gute
Greis noch darauf erſcheinen werde. Er
machte uns auf dem lezten Landtage ſehr an-
genehme Abende. Fuͤr die Kenner gewiſſer
Sachen ſagt er viel mehr, als er zu ſagen
ſcheint. Er trieft recht von deutſchen Sprich-
woͤrtern, beſonders, wenn er Ekharde er-
zaͤhlt. So nennt man diejenigen ſeiner Er-
zaͤhlungen, in welchen ſein Uraͤltervater der
treu’ Ekhard vorkomt.

2

Wer, ob er gleich zu Hauſe bleibt, und
nur murmelt, ſich taͤglich in den Schriften
der neuen Sophiſten, zum Exempel Voltai-
rens und ſeiner Saͤuglinge beſaͤuft, und zwar
dermaaſſen, daß er fuͤnf bis ſechsmal beym
Stule liegend und den Rauſch ausſchlafend ge-
funden worden iſt, der wird bey den Nacht-
waͤchtern auf Gnade und Ungnade eingeſperrt,
und ihm ſeines gewoͤnlichen Geſoͤfs, wie auch
Papiers zum Speyen, ſo viel er will, gelaſſen.

L. G.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0158" n="82"/>
            <p>1733 vorge&#x017F;chlagen von der Zunft der<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;er. Es war ihr damaliger Anwald,<lb/>
der Urenkel des treu&#x2019;n Ekhards, der die<lb/>
Sache vorna&#x0364;mlich betrieb. Weil wir den zu<lb/>
haltenden Landtag nun endlich &#x017F;ehr nahe glau-<lb/>
ben; &#x017F;o hoffen wir auch, daß die&#x017F;er gute<lb/>
Greis noch darauf er&#x017F;cheinen werde. Er<lb/>
machte uns auf dem lezten Landtage &#x017F;ehr an-<lb/>
genehme Abende. Fu&#x0364;r die Kenner gewi&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Sachen &#x017F;agt er viel mehr, als er zu &#x017F;agen<lb/>
&#x017F;cheint. Er trieft recht von deut&#x017F;chen Sprich-<lb/>
wo&#x0364;rtern, be&#x017F;onders, wenn er <hi rendition="#fr">Ekharde</hi> er-<lb/>
za&#x0364;hlt. So nennt man diejenigen &#x017F;einer Er-<lb/>
za&#x0364;hlungen, in welchen &#x017F;ein Ura&#x0364;ltervater der<lb/>
treu&#x2019; Ekhard vorkomt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>2</head><lb/>
            <p>Wer, ob er gleich zu Hau&#x017F;e bleibt, und<lb/>
nur murmelt, &#x017F;ich ta&#x0364;glich in den Schriften<lb/>
der neuen Sophi&#x017F;ten, zum Exempel Voltai-<lb/>
rens und &#x017F;einer Sa&#x0364;uglinge be&#x017F;a&#x0364;uft, und zwar<lb/>
dermaa&#x017F;&#x017F;en, daß er fu&#x0364;nf bis &#x017F;echsmal beym<lb/>
Stule liegend und den Rau&#x017F;ch aus&#x017F;chlafend ge-<lb/>
funden worden i&#x017F;t, der wird bey den Nacht-<lb/>
wa&#x0364;chtern auf Gnade und Ungnade einge&#x017F;perrt,<lb/>
und ihm &#x017F;eines gewo&#x0364;nlichen Ge&#x017F;o&#x0364;fs, wie auch<lb/>
Papiers zum Speyen, &#x017F;o viel er will, gela&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">L. G.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0158] 1733 vorgeſchlagen von der Zunft der Wiſſer. Es war ihr damaliger Anwald, der Urenkel des treu’n Ekhards, der die Sache vornaͤmlich betrieb. Weil wir den zu haltenden Landtag nun endlich ſehr nahe glau- ben; ſo hoffen wir auch, daß dieſer gute Greis noch darauf erſcheinen werde. Er machte uns auf dem lezten Landtage ſehr an- genehme Abende. Fuͤr die Kenner gewiſſer Sachen ſagt er viel mehr, als er zu ſagen ſcheint. Er trieft recht von deutſchen Sprich- woͤrtern, beſonders, wenn er Ekharde er- zaͤhlt. So nennt man diejenigen ſeiner Er- zaͤhlungen, in welchen ſein Uraͤltervater der treu’ Ekhard vorkomt. 2 Wer, ob er gleich zu Hauſe bleibt, und nur murmelt, ſich taͤglich in den Schriften der neuen Sophiſten, zum Exempel Voltai- rens und ſeiner Saͤuglinge beſaͤuft, und zwar dermaaſſen, daß er fuͤnf bis ſechsmal beym Stule liegend und den Rauſch ausſchlafend ge- funden worden iſt, der wird bey den Nacht- waͤchtern auf Gnade und Ungnade eingeſperrt, und ihm ſeines gewoͤnlichen Geſoͤfs, wie auch Papiers zum Speyen, ſo viel er will, gelaſſen. L. G.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/158
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/158>, abgerufen am 22.11.2024.