ternehmung abzubrechen. Dieses Abbrechen erfolgt natürlicher Weise, so bald man das Unbedeutende des Zweckes gewahr wird.
Es ist keine Kleinigkeit, daß es die Deut- schen sind, die, nach den Griechen, am meisten erfunden haben. Und ist es etwa eine, dazu beyzutragen, daß man einst, daß man nun bald sagen könne: Die Deutschen haben mehr, als die Griechen erfunden?
Der Deutsche, der hierbey nichts fühlt, mag meinenthalben gar so sehr verfeinert seyn, daß er überhaupt klein von Vaterlande denkt. Spott und Verachtung über den Thoren! Doch das nicht einmal. Er werde mit dem Kaltsinne des Stillschweigens übergangen.
Der Fuchs, der Poetiker, und der Reimer.
War ein Fuchs, sah Trauben hängen, sprang vergebens danach, lief fort, und sagte: Sind der sauren! Jst gefabelt. Denn der Fuchs frist keine Trauben.
War ein Poetiker, sah die Muse mit der Nectarschal in der Hand oben auf'm Hügel stehen, wolt zu ihr hinauf, kont nicht, lief fort, und sagte: Schmekt bitter! Abermal gefabelt. Denn der Poetiker hasset alles Solbstarbeiten; es ist ihm ein Greuel!
War
ternehmung abzubrechen. Dieſes Abbrechen erfolgt natuͤrlicher Weiſe, ſo bald man das Unbedeutende des Zweckes gewahr wird.
Es iſt keine Kleinigkeit, daß es die Deut- ſchen ſind, die, nach den Griechen, am meiſten erfunden haben. Und iſt es etwa eine, dazu beyzutragen, daß man einſt, daß man nun bald ſagen koͤnne: Die Deutſchen haben mehr, als die Griechen erfunden?
Der Deutſche, der hierbey nichts fuͤhlt, mag meinenthalben gar ſo ſehr verfeinert ſeyn, daß er uͤberhaupt klein von Vaterlande denkt. Spott und Verachtung uͤber den Thoren! Doch das nicht einmal. Er werde mit dem Kaltſinne des Stillſchweigens uͤbergangen.
Der Fuchs, der Poetiker, und der Reimer.
War ein Fuchs, ſah Trauben haͤngen, ſprang vergebens danach, lief fort, und ſagte: Sind der ſauren! Jſt gefabelt. Denn der Fuchs friſt keine Trauben.
War ein Poetiker, ſah die Muſe mit der Nectarſchal in der Hand oben auf’m Huͤgel ſtehen, wolt zu ihr hinauf, kont nicht, lief fort, und ſagte: Schmekt bitter! Abermal gefabelt. Denn der Poetiker haſſet alles Solbſtarbeiten; es iſt ihm ein Greuel!
War
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ternehmung abzubrechen. Dieſes Abbrechen
erfolgt natuͤrlicher Weiſe, ſo bald man das
Unbedeutende des Zweckes gewahr wird.
Es iſt keine Kleinigkeit, daß es die Deut-
ſchen ſind, die, nach den Griechen, am meiſten
erfunden haben. Und iſt es etwa eine, dazu
beyzutragen, daß man einſt, daß man nun
bald ſagen koͤnne: Die Deutſchen haben mehr,
als die Griechen erfunden?
Der Deutſche, der hierbey nichts fuͤhlt,
mag meinenthalben gar ſo ſehr verfeinert ſeyn,
daß er uͤberhaupt klein von Vaterlande denkt.
Spott und Verachtung uͤber den Thoren!
Doch das nicht einmal. Er werde mit dem
Kaltſinne des Stillſchweigens uͤbergangen.
Der Fuchs, der Poetiker, und der Reimer.
War ein Fuchs, ſah Trauben haͤngen,
ſprang vergebens danach, lief fort, und ſagte:
Sind der ſauren! Jſt gefabelt. Denn der
Fuchs friſt keine Trauben.
War ein Poetiker, ſah die Muſe mit der
Nectarſchal in der Hand oben auf’m Huͤgel
ſtehen, wolt zu ihr hinauf, kont nicht, lief
fort, und ſagte: Schmekt bitter! Abermal
gefabelt. Denn der Poetiker haſſet alles
Solbſtarbeiten; es iſt ihm ein Greuel!
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/232>, abgerufen am 24.11.2024.
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